Als man Fanny am 4. Dezember im Auslaufbereich des Offenstalls in Niederkreuzstetten im Weinviertel (NÖ) fand, war schnell klar, dass hier etwas nicht stimmte. Die Stute lag ausgestreckt mit offenen Augen auf dem Boden und rührte sich nicht. Kurze Zeit später war es traurige Gewissheit: Fanny würde nie mehr aufstehen.
Rätselraten herrschte zunächst über die Todesursache. „Sie war nicht verschwitzt und es waren keine Verletzungen ersichtlich“, berichtet Fannys Besitzerin im Gespräch mit der Kronenzeitung. Ein erster Verdacht kam am darauffolgenden Tag auf, als auf dem Offenstallgelände drei Äste der für Pferde hochgiftigen Eibe gefunden wurden. Eine Obduktion durch die Veterinärmedizinische Universität in Wien bestätigte die Vermutung. Warum jemand die Zweige in den Auslauf geworfen hat, darüber tappt die Offenstallgemeinschaft im Dunkeln. „Feinde“ hätte man in der umliegenden Nachbarschaft keine, das Verhältnis mit den Anrainern sei gut.
Allerdings ist Fannys Tod nicht der erste Vorfall dieser Art. Bereits vor einem Jahr war ein Pony unter ähnlichen Umständen zu Tode gekommen, auch damals gab es keine Anzeichen für Verletzungen oder eine Erkrankung, wie die NÖN berichtet. Nun liegt die Vermutung nahe, dass das Pony ebenfalls an einer Eibenvergiftung gestorben sein könnte.
Unter den Einstellern des Offenstalls herrscht nun Angst. Angst, dass sich der Vorfall noch einmal wiederholen und ein weiteres Pferd den Tod finden könnte. Um das zu verhindern, hat man rund um die Anlage Verbotsschilder angebracht, die eindringlich auf das Fütterungsverbot und die möglichen Folgen einer unbefugten Fütterung für die Pferde hinweisen. „Außerdem haben wir Wildkameras aufgehängt und überlegen ein Videoüberwachungssystem anzuschaffen“, berichtet Fannys Besitzerin. Die Pferde habe man noch weiter von der Straße weggesperrt. Allerdings sei es auch bisher nicht möglich gewesen direkt „beim Vorbeigehen“ zu füttern, wie sie im Gespräch mit der Pferderevue erklärt.
Bei der Polizei will sie, sobald der Bericht der Uniklinik in schriftlicher Form eingeht, Anzeige gegen Unbekannt erstatten. Auch wenn man nicht wisse, ob die Eibenäste verfüttert wurden um den Pferden absichtlich zu schaden: „Den Menschen muss einfach bewusst werden, wie gefährlich es ist, wenn man unbekannten Tieren vermeintlich harmloses Futter gibt“, mahnt Fannys Besitzerin.
Füttern verboten
Fremde Pferde zu füttern ist kein Kavaliersdelikt. Es ist schlicht verboten – insbesondere, wenn dem Tier dadurch Schmerzen, Leiden und/oder Schäden entstehen. So steht es im österreichischen Tierschutzgesetz § 5 Abs. 2 Ziff. 11.
Wer dem zuwiderhandelt, macht sich strafbar. Und das zu Recht. Denn das Füttern fremder Tiere birgt Risiken, die der Fremdfütterer, der es in den meisten Fällen ja „nur gut meint“, gar nicht abschätzen kann. Und dabei müssen es nicht einmal giftige Garten- oder Heckenpflanzen sein, die ein Pferd im Handumdrehen in Lebensgefahr bringen können. Bei einem Pferd, das einen empfindlichen Darm hat, kann bereits eine Ladung Brot oder Grasschnitt eine lebensbedrohliche Kolik auslösen, bei einem stark stoffwechselbelasteten Pferd reichen ein paar Karotten oder Äpfel aus, um einen Hufreheschub loszutreten, der beim betroffenen Tier erhebliches Leid auslöst und es im schlimmsten Fall das Leben kosten kann.
Daraus folgt: Fremde Tiere darf man ohne Einwilligung des Besitzers nicht füttern. Wer es trotzdem tut, kann haftbar gemacht werden, sollte es Probleme geben. Und wer einmal eine Rechnung über eine Kolik-OP in Händen gehalten hat, weiß: dieses Risiko ist die Sache nicht wert.
Giftige Eibe
Es kommt esimmer wieder vor, dass Weidetiere Eibenzweige, die nach dem Schnitt einer Eibenhecke auf Weideflächen geworfen werden, begierig fressen. Die Folgen sind fatal. Bereits 100 bis 200 g Eibennadeln können ein Pferd umbringen, bei einem ausgewachsenen Schwein wirken schon 75 g tödlich. Auch Rinder und Schafe werden immer wieder Opfer der Unachtsamkeit von Gartenbesitzern.
Alle Teile der Eibe sind für Menschen und Tiere giftig, besonders hoch ist die Giftkonzentration in älteren Nadeln. Der gefährlichste Giftstoff ist das Taxin B, ein chemisch kompliziert aufgebauter Stoff, der zu Atemlähmung in Verbindung mit Herzstillstand führt. Gelegentlich werden auch plötzliche Todesfälle beschrieben. Die Therapiemöglichkeiten sind gering, da die Tiere meistens die tödliche Dosis an Nadeln und Zweigen auf einmal fressen.
Die Eibe ist ein bis zu 15 m hoher immergrüner Nadelbaum, der auch als Strauch vorkommt. Aufgrund ihres attraktiven Aussehens wird die Eibe häufig in Gärten und Vorgärten als Ziergehölz oder Hecke angepflanzt. Charakteristisch für die Eibe sind die Früchte. Der holzige, schwarzbraune Samen wird von einem fleischigen, scharlachroten Samenmantel umhüllt, der wie eine Beere aussieht und zwischen dem dunklen Grün der Nadeln leuchtet. (aho)