Tierschutz

Gunskirchen: 21 Pferde aus „Horrorstall“ gerettet

Ein Artikel von Eva Schweiger | 31.05.2021 - 19:56
IMG-20210531-WA0006_gerettetamgnadenhof.jpg

Viele Pferde des ländlichen Betriebes in Fernreith sind in seinem sehr schlechten Ernährungszustand und augenscheinlich nicht gesund.
© Animal Spirit

Seit einigen Wochen gerät ein Hof in der Fernreith, Gemeinde Gunskirchen im Bezirk Wels-Land, zunehmend in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. In einem baufälligen Stallgebäude befanden sich bis vor kurzem Pferde in katastrophaler Haltung. Futter, Wasser und saubere Einstreu waren dort offenbar schon lange Mangelware, manche Pferde hatten den Stall seit Jahren nicht verlassen. Einige litten unter unbehandelten, schlecht verheilten Verletzungen und dauerhaft ungepflegten Hufen. Der Besitzer, der aufgrund diverser Anzeigen bereits amtsbekannt ist, hielt in seinem Stall und auf der 17 Hektar großen Koppel zu Spitzenzeiten bis zu einhundert Pferde, aktuell dürften es noch über dreißig sein. Die Tiere leben zum Teil halb wild und unversorgt auf dem Areal, wo sie sich ungeregelt vermehren und kaum versorgt werden.

IMG-20210531-WA0009_hengstzuvergeben.jpg

Laut Anmimal Spirit sollen Pferde über Jahre hinweg nicht aus dem dunklen Stall gekommen sein. In einigen Boxen türmt sich der Mist meterhoch.
© Animal Spirit

Familienangehörige des Hofbesitzers haben nun den Handlungsbedarf erkannt und unterstützen die Abnahme der Pferde. Die Situation scheint der zuständigen Behörde seit 2011 bekannt zu sein, denn es kam seitdem zu mehreren Anzeigen, unter anderen auch wegen Verwaltungsübertretungen wie dem illegalen Vergraben von Pferdekadavern. Amtstierärzt:innen waren ebenfalls wiederholt vor Ort, unternahmen jedoch augenscheinlich wenig. Trotz aller Missstände kam es zu keinem Eingriff seitens der Behörde. Die Pferde konnten bis jetzt zum Großteil nur auf Grundlage eines freiwilligen Verzichts des Eigentümers abgenommen werden. Die Vertreterin der Bezirkshauptfrau von Wels-Land lässt dazu auf Nachfrage der Pferderevue heute nur per E-Mail mitteilen, dass „ein behördliches Verfahren betreffend Pferdehaltung in Fernreith bestätigt werden kann“. Weitere Informationen könnten dazu nicht erteilt werden, es würden jedoch „alle Möglichkeiten, die uns [der Behörde] das Tierschutzgesetz [...] einräumt, seitens der Behörde genutzt und die gebotenen Maßnahmen jedenfalls gesetzt.“ Ob es also eine Weiterentwicklung in dieser Sache gegenüber dem mehr als schleppenden Verlauf der letzten zehn Jahre gibt, ist nicht zu eruieren. Auch die zuständige Amtstierärztin war für eine Aussage zu dem Fall nicht zu haben.


Vorgehen genau geregelt

Das Vorgehen in Fällen, in denen der Behörde mutmaßliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz angezeigt werden, ist grundsätzlich genau geregelt: Es müssen vor Ort Kontrollen durch Sachverständige, zum Beispiel Amtierärzt:innen, durchgeführt, Mängel erhoben und eventuell nötige Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vorgeschrieben werden. Der Zugang zu den fraglichen Tieren muss diesem/r behördlichen Vertreter:in gewährt werden. Ist der/die Tierhalter:in nicht in der Lage oder nicht willens, die vorgeschriebenen Maßnahmen durchzuführen, und leiden die Tiere unter Schmerzen oder Angst, können sie ihm/ihr laut §37 des Tierschutzgesetzes unmittelbar abgenommen werden. In gravierenden Fällen kann es auch zu Strafverfahren kommen. Macht ein/e Halter:in sich zwei Mal in Folge der Tierquälerei schuldig und bleibt das Problem bestehen, kann auch ein dauerhaftes Tierhalteverbot ausgesprochen werden.

Rettung in letzter Minute

Im aktuellen Fall konnten seit Ostern nun zumindest in insgesamt drei Rettungsaktionen 21 Pferde befreit werden. Durch einen Krankenhausaufenthalt des Hofbesitzers war es Mitgliedern des Tierschutzvereins Animal Spirit am Osterwochenende möglich gewesen, das Areal zu betreten und die ersten vier Stuten und fünf Fohlen mitzunehmen. Zehn Tage später kam für weitere acht Tiere die Rettung, die unter Polizeischutz vonstattengehen musste.

Am vergangenen Samstag, 29. Mai, wurden schließlich die letzten vier Pferde aus dem Stallgebäude befreit. Die Behörde hatte schlussendlich am Freitag die Freigabe zur Abholung der Hengste erteilt. Zwei Hengste sollten nach Anordnung der Bezirkshauptmannschaft noch vom Eigentümer selbst an neue Plätze vermittelt werden. Stattdessen hätte er sie an einen Schlachter verkauft – aber auch das konnte glücklicherweise in letzter Minute verhindert werden.

Neues Zuhause gesucht

Nun ist Marion Reisinger, Leiterin des Animal Spirit-Gnadenhofs Engelsberg, auf der Suche nach Plätzen für die vier zuletzt geretteten Hengste. Zwei davon befinden sich aktuell noch in einer Tierklinik, alle vier werden in dieser Woche kastriert. Wer ihnen die Möglichkeit bieten will, sich von ihrer leidvollen Geschichte zu erholen und vielleicht sogar in Zukunft als Reit- oder Beistellpferd eine Aufgabe zu bekommen, wird gebeten, sich direkt bei Marion Reisinger zu melden (0676 7059353).