Tierschutz

Tierquälerei in der Oststeiermark: Dutzende Pferde und Hunde unter katastrophalen Bedingungen gehalten

Ein Artikel von Redaktion | 27.01.2025 - 15:27
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Völlig abgemagert und die Hufe voller schmerzender Abszesse: So fanden die Behörden Ex-Dressurpferd St. Maurice auf dem Hof des deutschen Paares im Bezirk Weiz vor. Ein Radfahrer hatte den Wallach so gesehen und die Polizei verständigt.
© privat

Ein erschütternder Fall von Tierquälerei wurde vor wenigen Tagen in der Oststeiermark aufgedeckt. Die Behörden ermittelten ein Jahr lang gegen ein deutsches Paar, das 25 Pferde, neun Hunde sowie zahlreiche weitere Tiere unter erbärmlichen Bedingungen hielt.
 

Martyrium statt Pensionsglück

Unter den völlig verwahrlosten Pferden befand sich auch das ehemalige Dressurpferd St. Maurice. Seine Besitzerin hatte den Wallach nach dessen Karriereende im April 2024 gegen einen Schutzvertrag an die 46-jährige Deutsche übergeben. „Die Frau hatte Koppeln des ehemaligen ASKÖ Reitstalls in Gleisdorf gepachtet und hielt dort Pensions- und Rehapferde in Offenstallhaltung.“ Bei zwei Folgebesuchen im Mai erschien noch alles eitel Wonne. "Er sah so glücklich aus im Offenstall und auf der Wiese!" Doch das Glück hielt nicht lange.

Anfang Oktober meldete sich überraschend die Polizei. Über den im Hals implantierten Chip des Pferdes und eine Recherche im Internet, bei der er erst auf die Plattform Rimondo und dort auf ein altes Reitvideo stieß, hatte ein gewiefter Polizist die ursprünglichen Eigner ausgemacht. „Der Beamte hat meine Tochter gefragt, ob sie die Vorbesitzerin ist. Wir mussten unser Pferd auf WhatsApp-Fotos identifizieren. Bei dieser Gelegenheit erfuhren wir auch, dass ‚Murli‘ im September wegen Tierquälerei abgenommen worden war.“

Der ehemals so stolze Wallach konnte bei der Abnahme durch die Behörden nicht mehr gehen, ja nicht einmal mehr aufstehen. Der Grund: An beiden Vorderhufen hatte das Tier mehrere tiefe Abszesshöhlen, aus denen lt. Tierarztbericht "stinkender schwarzer Eiter" austrat. Aufgrund der furchtbaren Schmerzen war der Wallach nur noch ein Schatten seiner selbst und stark unterernährt. Doch von all dem wussten seine ursprünglichen Besitzer lange nichts. „Wir haben immer wieder um Fotos gebeten, aber es gab immer Ausreden wie, sie sei krank, gerade unterwegs oder die Kamera ihres Handy wäre kaputt. Meiner Tochter kam das bald einmal spanisch vor, aber ich war noch immer gutgläubig“, macht sich Murlis Besitzerin nun Vorwürfe.

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Unter der Obhut seiner ursprünglichen Besitzer hat sich St. Maurice wieder erholt. © privat

St. Maurice war bei weitem kein Einzelfall. Die Behörden fanden zahlreiche weitere Tiere in alarmierendem Zustand vor. Viele der Pferde standen auf dem Hof des Paares bis zu 30 Zentimeter tief im Dreck. Auf abgegrasten und überfluteten Koppeln wurden weitere abgemagerte und verletzte Pferde entdeckt.
 

Gerettet

Inzwischen konnten alle Pferde entweder ihren Vorbesitzern übergeben oder auf Pflegestellen untergebracht werden. Auch Ex-Dressurpferd St. Maurice hat es geschafft, obwohl es für ihn zunächst gar nicht gut ausgesehen hatte. „Der Pferdeexperte, der ihn geholt hat, meinte, wenn es sein Pferd gewesen wäre, hätte er ihn eingeschläfert. Auch der behandelnde Tierarzt war sich nicht sicher, ob er ihn durchbringen würde. Drei Tage hat er um sein Leben gekämpft, aber inzwischen geht es Murli wieder gut“, so seine Besitzerin. Auch ein Pony, das sie der 46-jährigen Deutschen für pferdegestützte Therapie gegen Kost und Logis überlassen hatte, befindet sich nun wieder in ihrem Besitz und ist wohlauf.

Schreckliche Zustände für Mensch und Tier

Nicht nur Pferde mussten auf dem Hof der deutschen Eheleute leiden. Hunde wurden in dunklen und mit Fäkalien verunreinigten Räumen gehalten – etwa in einem Erdkeller oder einem gerade einmal 2,5m² großen Heizraum, der mit Müll und Gartengeräten vollgestellt war. Kaum Bewegungsfreiheit hatten zwei Terrier, die dauerhaft in einer Hundebox gehalten wurden. Eine weitere Hündin hatte offene Wunden und eine Lähmung an den Hinterläufen. Auch diese Tiere sind nun in Sicherheit.

Rückkehr nach Deutschland

Nachdem die Missstände ans Licht gekommen waren, zog das Paar mit seinen vier Kindern nach Deutschland. Die Kinder lebten zuvor in einem verwahrlosten Haushalt mit unzureichenden Schlafmöglichkeiten und unhygienischen Bedingungen. Die deutschen Behörden wurden bereits umfassend über die laufenden Verfahren und die bestehenden Gefährdungen informiert.


Forderung nach Konsequenzen

Die ehemaligen Besitzer der Pferde sind empört über das Ausmaß der Vernachlässigung. „Es ist unfassbar, dass so etwas passieren konnte“, so eine Betroffene. „Wir hoffen, dass die Verantwortlichen nie wieder Tiere halten dürfen.“

Behörden kündigten an, den Fall weiter zu verfolgen und rechtliche Schritte gegen das Paar einzuleiten. Trotz ihrer Flucht nach Deutschland müssen sich die beiden auf strafrechtliche Konsequenzen einstellen.
 

Bittere Lehre

St. Maurices Besitzerin plagt sich derweilen mit Selbstvorwürfen. „Ich kann mir selbst kaum verzeihen, dass meine sonst so gute Menschenkenntnis hier vollkommen versagt hat – ich mochte die Frau wirklich, sie war lustig und sympathisch. Der zuständige Polizist meinte auch, sie habe sich überall bestens verkauft.“ Ihr Schluss aus dieser Sache? „Dass man doppelt und dreifach misstrauisch sein muss, wem man sein Pferd jemandem überlässt, und nicht müde werden darf zu prüfen und zu kontrollieren.“