Sattelunterlagen hatten ursprünglich die Aufgabe, den Sattel vor Schmutz und Schweiß des Pferdes zu schützen. Früher wurden dafür einfache Filzdecken verwendet. Mit den Weiterentwicklungen im Bereich Equipment sind Filzdecken den unterschiedlichsten Arten von Satteldecken und Schabracken gewichen, die Aufgabe aber ist bis heute dieselbe geblieben. „Eine Satteldecke alleine hat keine besondere Funktion. Sie dient tatsächlich nur dem Schutz des Sattels“, erklärt Sattlermeister Johann Trieb.
Wirft man einen Blick auf die Reitplätze, verwenden viele ReiterInnen allerdings nicht nur Satteldecken, sondern zusätzlich diverse Pads. Sie dämpfen den Druck, der durch das Gewicht des Reiters auf den Rücken des Pferdes wirkt und können mit Hilfe diverser Einlagen oder durch ihre vorgegebene Form die Passform des Sattels verändern.
Im Prinzip wird die Aufgabe der Druckdämpfung bereits vom Sattel übernommen, nämlich in Form der weich gepolsterten Sattelkissen. „Ein Sattelpad zur Druckdämpfung brauche ich eigentlich nur, wenn die Polsterung des Sattels so hart ist, dass sie nicht ausreichend dämpft. Pferde werden dann im Rücken empfindlich, wenn der Sattel nicht stabil liegt, die Polsterung zu hart ist oder die Kammerweite nicht passt“, erklärt der Fachtierarzt für Akupunktur und Neuraltherapie, Chiropraktiker und Osteopath Dr. Gernot Gaggl. Dass ein Pad allerdings keinen schlechten Sattel wettmachen kann, bestätigt Sattelexperte Manfred Haberler: „Das Grundkonzept des Sattels muss passen. Ein Pad kann keine gute Kissenfüllung ersetzen.“
Wann man ein Pad zur Druckdämpfung verwenden soll, hängt davon ab, welche Problembereiche im individuellen Zusammenspiel zwischen einem Sattel und dem Pferderücken existieren. Es gibt Sattelmodelle, die mehr Druck aufbauen als andere – und schlicht und einfach Pferde, die auf Druck sensibler reagieren. „Prinzessinnen auf der Erbse gibt es auch bei Pferden immer wieder“, weiß Haberler aus seiner langjährigen Erfahrung. In solchen Fällen greift er gerne auf Pads zurück. Es mache außerdem keinen Sinn, die Sattelkissen immer weiter aufzupolstern. Dadurch wird der Sattel früher oder später zu hart. In solchen Fällen kann man sich einfacher und effektiver mit einer zusätzlichen Unterlage zwischen Schabracke und Sattel behelfen.
Hilfen-Bremse
Der dämpfende Effekt eines Pads hat übrigens nicht nur Auswirkungen auf den Pferderücken. Er kann auch für den Reiter das Gefühl im Sattel verändern, denn auch für ihn wirkt das Pad stoßdämpfend. Und nicht zuletzt schwächt das Pad die über den Sitz des Reiters vermittelten Hilfen ab, was vor allem im Dressurreiten von Bedeutung ist.
Besonders beliebt sind druckdämpfende Pads im Springsport. Sowohl Haberler als auch Dr. Gaggl halten diesen Einsatzbereich für sehr sinnvoll. In der Landungsphase wird viel punktueller Druck auf den Pferderücken ausgeübt, der durch Pads abgeschwächt werden kann. „Im Springsport haben sich Pads tatsächlich bewährt, weil die präzisen Gewichtshilfen des Reiters nicht ganz so relevant sind wie in der Dressur, wo Gewichtshilfen bewusst punktuell eingesetzt werden“, so Haberler.
Pads mit Einlagen oder Erhöhungen werden nicht primär als Druckdämpfer, sondern als Ausgleich für nicht richtig sitzende Sättel verwendet. Sie können und sollten aber keine korrekte Sattelanpassung ersetzen. Sitzt der Sattel von Haus aus schlecht, ist die alleinige Verwendung eines Pads keine Lösung. Problemstellen werden dadurch nur verlagert oder das Auftreten von Schmerzen hinausgezögert. „Sinnvoll sind korrigierende Pads, wenn das Pferd beispielsweise wegen einer Verletzung stark an Muskeln abbaut“, so Trieb. Anstatt den Sattel kurzfristig ändern zu lassen, können Einlagen als Übergangslösung herangezogen werden.
„Es gibt Pferde, bei denen man solche Pads krankheitsbedingt braucht. Wenn am Rücken kein tragfähiger Muskel vorhanden ist, dann ist es sinnvoll, dort mit Pads auszugleichen. Aber bei einer gut ausgebildeten Muskulatur braucht man kein Pad“, meint auch Haberler.
Qualität zählt
Auch bei Satteldecken gibt es Qualitätsunterschiede, empfehlenswert sind zunächst feste Materialien, die sich nicht leicht verformen lassen. Das ist meist bei eher klein gesteppten Satteldecken der Fall. „Die Satteldecken können dann nicht so leicht Falten schlagen“, erklärt Trieb. Falten unter dem Sattel führen zu unangenehmen Druckstellen, sollten also tunlichst vermieden werden. Haberler zieht ebenfalls formstabile Satteldecken aus Baumwolle oder Filz vor. Filzdecken seien entgegen der Meinung vieler ReiterInnen durchaus empfehlenswert. Sie passen sich dem Rücken besser an als Baumwolldecken. Der einzige Nachteil von Filzdecken sei, dass sie vor allem im Neuzustand das Fell teilweise aufrauen und schwerer zu pflegen sind als Baumwolldecken. Je länger sie in Gebrauch sind, desto besser liegen sie allerdings unter dem Sattel. „Wichtig ist auch, dass die Satteldecke einen entsprechenden Rückenschwung hat – also anatomisch geformt ist. Spannt die Decke über dem Wirbelkanal des Sattels, hilft auch genügend Freiheit des Sattels nichts“, so Haberler.
Mittlerweile sind auch Satteldecken mit Schaumeinlagen zur Dämpfung des Drucks erhältlich. Der Vorteil solcher Satteldecken ist, dass die Einlagen direkt in die Decke eingearbeitet sind und somit nicht verrutschen können. Bei der Qualität der Einlagen kommt es stark auf die Beschaffenheit des Schaumes an. Dieser sollte keinesfalls zu weich sein, weil die Decke dadurch instabil wird.
Auch Sattelpads gibt es wie Sand am Meer. Fragt man die Experten, welches Material sie bevorzugen, sind sie sich schnell einig. Die einstimmige Antwort: Lammfell. Entgegen vieler Annahmen ist Lammfell – vorausgesetzt, es ist kein billiges Imitat – auch in punkto Wärmeentwicklung am vorteilhaftesten. Die Pferde schwitzen mit Lammfell nicht mehr als ohne, es kommt praktisch zu keinem Hitzestau, weil das Fell sehr gut wärmeausgleichend wirkt. Auch in der Druckdämpfung präferieren die Spezialisten natürliches Lammfell. „Es verteilt Druckspitzen sehr gut. Der Druck wird nicht – wie bei anderen Pads – verlagert, sondern verteilt und dadurch verringert“, erklärt Haberler.
Wichtig sei es, die Lammfellpads groß genug zu wählen. Laut Haberler werden diese häufig zu klein gekauft. Bei Lammfellpads mit Fellrändern dürfen diese am vorderen und hinteren Ende des Pads keinesfalls unter dem tragenden Kissen zum Liegen kommen. Das würde zu schmerzhaften Druckstellen führen. Auch die Breite des Pads muss sorgsam gewählt werden. „Wenn bei Sätteln mit Vorgurtstrippen der Rand des Pads genau unterhalb der Ortspitze liegt, kann das auch zu Druck führen. Man muss darauf achten, dass das Pad am Pferdekörper lange genug nach unten reicht“, empfiehlt Haberler. Am besten lässt sich die Passform eines Lammfellpads mit freiem Auge auf dem Pferd beurteilen.
Lammfellpads sind auch mit kürzer geschnittenem Fell im Bereich des Wirbelkanals oder gar mit Aussparungen im Wirbelkanal erhältlich. Diese Modelle sollen für mehr Wirbelsäulenfreiheit beziehungsweise noch bessere Durchlüftung sorgen. Außerdem gibt es Lammfellpads mit Einschubtaschen, in die man bei nicht ganz passenden Sätteln korrigierende Einlagen einarbeiten kann. Auch hier seien laut Haberler Naturmaterialien wir Filzeinlagen am besten geeignet, weil sie das Reitgefühl am wenigsten beeinträchtigen.
Lammfellpads lassen sich verschiedenartig anwenden. „Man kann das Pad direkt auf den Rücken oder zwischen Satteldecke und Sattel legen“, erklärt Johann Trieb. Solange das Pad groß genug gewählt werde, spreche nichts dagegen, es direkt auf den Pferderücken zu legen und auf eine Schabracke gänzlich zu verzichten. Der einzige Mehraufwand besteht in diesem Fall in der Pflege des Pads. Lammfellimitate, gefärbte Felle oder Teddyfleece sind eine billige und vor allem schlechte Alternative zu echtem Lammfell, da sie keine der Eigenschaften des Originals – nämlich Wärmeausgleich und Druckdämpfung – erfüllen.
Neuere Erfindungen
Eine weitere beliebte Form der Sattelunterlagen sind Gelpads. Diese sind sowohl perforiert, also mit Löchern zur Durchlüftung, als auch geschlossen erhältlich. Der Kunststoff, aus dem Gelpads gefertigt sind, hat keine wärmeregulierenden Eigenschaften wie Lammfell. Dadurch kommt es bei Gelpads sehr wohl zu einem Hitzestau, weil die Wärme nicht durch das Material aufsteigen kann. Hitze in Verbindung mit Druck kann sehr rasch gewebeschädigend wirken. Entscheidet man sich für ein Gelpad, ist daher jedenfalls die perforierte Form zu präferieren.
Gelpads sind sehr widerstandsfähig und langlebig. Dennoch sind die Experten allesamt nicht von diesem Produkt überzeugt. Ein Grund dafür ist die vergleichsweise schlechte Druckdämpfung. „Wenn vom Sattel schmerzhafter Druck ausgeht und ich an dieser Stelle ein Gelpad darunterlege, dann wird der Druck durch die Unterlage nur noch verstärkt“, so Trieb. Hier wären dann sogar an der Stelle des „Überdrucks“ Ausnehmungen im Pad sinnvoll. Das bestätigt auch Chiropraktiker Gernot Gaggl: „Das Gelpad nimmt absolut keinen Druck weg, sondern verteilt ihn lediglich auf eine etwas größere Fläche – und die Rückenprobleme treten dann erst ein bisschen später auf.“
Um die Passform eines Sattels zu verändern, wurden Gelpads mit diversen Erhöhungen entwickelt. Diese können im vorderen, hinteren oder seitlichen Bereich des Pads situiert sein. Manfred Haberler spricht diesen zwar einen guten Nutzen zu, bleibt aber trotzdem lieber bei Naturmaterialien: „Ich tendiere immer zu kompletten Einlagen in Baumwoll oder Lammfellpads, weil diese schön verlaufend gearbeitet werden können und dadurch kein Bruch in der Polsterung entsteht. Bei festen Gelpads kann das auch funktionieren, wenn sich die Höhe langsam und gleichmäßig aufbaut.“
Ebenfalls erhältlich sind Neoprenpads. Dr. Gernot Gaggl hält diese für eine der schlechtesten Varianten, weil es darunter zu massiven Hitzestaus kommen kann. Manfred Haberler wäre bei Neoprenpads aus einem anderen Grund eher vorsichtig: Neoprenpads absorbieren laut Studien Druck im Schritt besonders gut. Je höher allerdings die Frequenz der Stöße wird, desto eher verhärtet sich das Neopren und fängt den Druck nicht mehr ab. Für Pferde, die fast nur im Schritt geritten werden – wie zum Beispiel Therapiepferde – könnten Neoprenpads also sinnvoll sein.
Ein ähnliches Manko haben Schaumstoffpads. Früher besonders im Springsport häufig eingesetzt wurden tennisschlägerförmige Schaumstoffuntelragen. Laut Haberler funktionieren auch diese Produkte nach dem Prinzip „in diesem Bereich nehme ich den Druck weg und verlagere ihn auf eine andere Stelle“. Gerade bei Schaumstoffpads fehlen teilweise noch die Erfahrungswerte, wie das Material tatsächlich reagiert. „Moosgummiarten lassen sich beispielsweise praktisch auf Null zusammendrücken. Sie haben dann aber auch keinen Effekt mehr“, so Dr. Gaggl. Einige Schaumstoffarten brauchen, nachdem sie zusammengedrückt wurden, extrem lange, um wieder ihre ursprüngliche Form anzunehmen. Solche Pads verlieren daher bei hochfrequenten Stößen z. B. schon im Trab ihre Wirkung. Pads, die mehrere Materialien miteinander kombinieren, sind ebenfalls mit Vorsicht zu genießen. So gibt es beispielsweise Gelpads mit Lammfellrändern oder Baumwollpads mit Gelstellen. Verschiedene Materialien reagieren und wirken verschieden, „die Dynamik des Sattels ist schwer abzuschätzen, wenn punktuell unterschiedliche Materialien darunter positioniert sind. Wenn das Pad dann beispielsweise hinten mehr federt als vorne, kann das sehr wohl zu Komplikationen führen“, meint Haberler und rät bei solchen Pads zur Vorsicht.
Worauf achten?
Die Entscheidung für oder gegen ein Pad sollte danach getroffen werden, wofür man es einsetzen möchte. Geht es um reine Druckdämpfung, ist wohl ein Lammfellpad am ehesten zu empfehlen, soll die Passform des Sattels verändert werden, eigenen sich Lammfell- oder Baumwollpads mit Einlagen, aber auch erhöhte Gelpads.
Schockabsobierende Materialien wie Schaumstoff oder Zellkautschuk werden im Dressursport wohl kaum vonnöten sein. Für Pferde, die nur im Schritt bewegt werden, kann ein Neoprenpad vollkommen ausreichen, während es in höheren Gangarten keine Wirkung mehr zeigt.
Gilt es, einen instabilen und schlecht passenden Sattel zu korrigieren, sollte unbedingt ein Sattler zur Beratung herangezogen werden und mögliche Änderungen des Sattels besprochen werden. Denn in der Sattelanpassung mache es einen großen Unterschied, ob das Pferd nur mit Satteldecke oder mit Satteldecke und Pad geritten wird. Insbesondere Lammfellpads verengen die Kammer, was bei der Sattelanpassung natürlich beachtet werden muss.
Zu weiche Materialien sind bei Pads – wie bei Satteldecken – nicht empfehlenswert. Alles, was zu weich ist, macht den Sattel instabiler. Ebenso zu dicke Pads. Je dichter der Sattel am Pferd liegt, desto direkter kann der Reiter der Bewegung des Pferdes folgen. Und umgekehrt gilt: Je mehr verschiebungsfähige Ebenen (z. B. durch Sattel, Satteldecke und Pad) zwischen dem Reiter und dem Pferd bestehen, desto leichter kommt es auch zu Verschiebungen und damit Instabilität. Bei der Wahl der richtigen Sattelunterlage gilt also: Je einfacher desto besser. Sitzt ein Sattel nicht perfekt auf dem Pferd, sollte zuerst der Besuch des Sattlers erfolgen, bevor man ein beliebiges Pad darunterlegt. Denn wie Dr. Gernot Gaggl zusammenfassend erklärt: „Passt der Sattel, brauche ich prinzipiell gar keine Unterlage.“
Stefanie Schiller
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