Haltung

Studie bestätigt: Lange Futterpausen gefährden das Wohlbefinden des Pferdes

Ein Artikel von Pamela Sladky | 05.03.2020 - 09:02
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Stroheinstreu in der Box hilft Pferden ihrem natürlichen Bedrüfnis nach kontinuierlicher Nahrungsaufnahme nachzukommen. © www.Slawik.com

In einer Studie fand eine Forschungsgemeinschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Technischen Universität München heraus, dass aufgestallte Pferde in der Nacht durchschnittlich neun Stunden nichts zu fressen haben, wenn sie auf nicht verzehrbarer Einstreu stehen. „Ein Pferd würde aufgrund seiner permanenten Futtermotivation nie freiwillig eine Futterpause von fast neun Stunden einlegen“, heißt es in der Studie, die im Wissenschaftsjournal Animals veröffentlicht wurde. „Wenn sie die Wahl haben, unterbrechen Pferde ihre Futteraufnahme nicht länger als vier Stunden.“
 

Pferde sind Dauerfresser

Unter natürlichen Bedingungen verbringen Pferde einen Großteil des Tages mit der Futtersuche und –aufnahme. Über 24 Stunden hinweg werden zwischen 12 und 16 Stunden mit Fressen verbracht, wobei etwa 60 bis 70 % des Futters untertags aufgenommen werden, 30 bis 40 % der Nahrungsaufnahme entfallen auf die Nachtstunden.

Trotz Domestikation und Zucht hat sich an diesen grundlegenden Bedürfnissen nichts geändert. Gibt man modernen Sport- und Freizeitpferden die Möglichkeit dazu, teilen sie ihre Futteraufnahme in rund zehn Mahlzeiten auf – ganz nach dem Vorbild ihrer wildlebenden Kollegen. Das gilt auch in Stallhaltung. „Weder tagsüber noch nachts pausieren Pferde freiwillig länger als drei bis vier Stunden zwischen den Mahlzeiten, sie fasten auch nicht“, so das Studienteam, das unmissverständlich klarstellt: „Es ist ein grundlegendes Bedürfnis jedes Pferdes kontinuierlich Raufutter aufzunehmen.“ Geht es nach den Forschern, dürften Fütterungspausen demnach nicht länger als vier Stunden dauern, soll das Wohlbefinden der Pferde nicht beeinträchtigt werden. Ein Grundsatz, der in der Praxis jedoch häufig missachtet werde.

Stressfressen

Welche Auswirkungen eine restriktive Fütterung auf Pferde insbesondere in den Nachtstunden hat, beobachteten die Forscher an über 100 Pferden, die Heu ausschließlich zu festgelegten Zeiten vorgelegt bekamen. Je nach Betrieb war das zwei bis drei Mal am Tag der Fall, die Pferde standen wahlweise auf Stroh oder auf (nicht fressbarer) Holzspäneeinstreu.

Die Beobachtungen zeigten rasch deutliche Unterschiede zwischen den Einstreuvarianten. Pferde in Späneboxen fraßen ihre Heumahlzeit deutlich schneller und machten während der Mahlzeit insgesamt weniger Pausen als Pferde auf Stroheinstreu. Die Forscher beschreiben dieses Verhalten als „Rebound-Effekt. „Wenn das grundlegende Bedürfnis des Pferdes nach kontinuierlicher Nahrungsaufnahme vernachlässigt wird und der Zugang zu Raufutter (Stroh) eingeschränkt ist, beschleunigen Pferde die Aufnahme des vorhandenen Raufutters und fressen fast ununterbrochen.“ Das schnelle Dauerfressen blieb nicht ohne negative Folgen: Im Durchschnitt mussten die Pferde neun Stunden am Stück ohne die Möglichkeit zur Nahrungsaufnahme in ihren Boxen verharren.

Nach Meinung der Forscher deutet das veränderte Futteraufnahmeverhalten unmissverständlich auf eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens hin. Der natürliche Futterbedarf der Pferde werde bei restriktiver Heufütterung auf nicht fressbarer Einstreu schlicht nicht gedeckt, so ihr Fazit.


Gefahr für abnormes Verhalten

Bereits in früheren Studien hat sich gezeigt, dass Pferde unter restriktiver Heufütterung auf nicht fressbarer Einstreu deutlich häufiger zu abnormen Verhaltensweisen neigen als Pferde, die an ihrer Stroheinstreu knabbern können. „Das Verdauungssystem der Pferde ist in Aufbau und Funktion an lange Fütterungszeiten und eine kontinuierliche Futteraufnahme angepasst, die über den 24-Stunden-Tag verteilt sind. Jede größere  Abweichung stört den Verdauungsprozess und führt zu Verhaltensstörungen und sogar Stereotypien. Um das psychische und physische Wohlbefinden der Pferde zu respektieren, muss man sich der Tatsache bewusst sein, dass das Futteraufnahmeverhalten ein Grundbedürfnis des Pferdes mit hoher Priorität ist. Übermäßige Pausen bei der Futteraufnahme, wie sie in der vorliegenden Studie festgestellt wurden, bergen ein Risiko für Schmerzen, Leiden und Schäden."