Helfer auf vier Hufen

Von der Weide zum Therapiepony – wie kleine Helden Großes bewirken

Ein Artikel von Redaktion | 04.04.2025 - 11:46
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Ponys im Seniorenheim - für viele der Bewohner:innen das absolute Highlight des Tages.   © Carola Weidemann

Ob bei Kindern, Senioren oder Menschen mit besonderen Herausforderungen: Die Nähe von Therapiepons wirkt heilend. Doch wie wird ein Pony zum therapeutischen Partner? Die Antwort beginnt – ganz unspektakulär – auf der Weide.


Der erste Schritt die Pony-Wahl

Nicht jedes Pony eignet sich für die therapeutische Arbeit – die Auswahl ist entscheidend. Carola Weidemann, erfahrene Reitlehrerin und Spezialistin für Miniaturponys, weiß: "Es braucht ein sanftes Wesen, eine stabile Psyche und vor allem Geduld." Besonders kleine englische Miniaturponys sind beliebt, da sie mit ihrer geringen Größe weniger einschüchternd wirken, was gerade bei Kindern oder bewegungseingeschränkten Menschen wichtig ist.

Neben dem Charakter ist auch die körperliche Gesundheit ein Muss. Nur ein rundum gesundes Pony kann den oft intensiven Einsatz im therapeutischen Kontext langfristig meistern. 

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Nicht jedes Pony ist für die Therapiearbeit geeignet. Für die anspruchsvolle Aufgabe müssen die Tiere sehr wesenfest sein - und viel Geduld mitbringen.   © Carola Weidemann

Ausbildung mit Herz und Verstand

Die Ausbildung zum Therapiepony ist kein Sprint, sondern ein liebevoller Marathon – sie dauert in der Regel zwei Jahre. Danach sind sie straßensicher, gehen am Rollstuhl, am Rollator, fahren Aufzug und können sogar Treppen steigen. Dabei geht es weniger um Dressur oder spektakuläre Lektionen, sondern um Sensibilität, Vertrauen und das perfekte Zusammenspiel mit dem Menschen. Jedes Tier erhält bei Carola eine individuelle Förderung. Es wird an Alltagsreize wie Rollstühle, laute Geräusche oder fremde Umgebungen gewöhnt.

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Ponys im Aufzug? Für die kleinen Therapeuten auf vier Hufen gehört Liftfahren oft zum Alltag. © Carola Weidemann

Ganz wichtig dabei: Druck ist tabu. Vertrauen wächst nur, wenn das Pony die Zeit bekommt, die es braucht. Schritt für Schritt lernt es, ruhig zu bleiben – auch dann, wenn Kinder laut kreischen oder ein Ball durchs Bild rollt. Übungen mit verschiedenen Untergründen, das Stehenbleiben auf Kommando oder das sanfte Antippen durch Fremde – all das gehört zum Trainingsalltag. „Nur wenn das Pony sich in jeder Situation sicher fühlt, kann es auch Sicherheit geben“, sagt Carola.

Die Beziehung als Fundament

Ein Therapiepony ist kein „funktionierendes Werkzeug“ – es ist ein Lebewesen mit Gefühlen, Bedürfnissen und einem feinen Gespür für sein Gegenüber. Die Bindung zwischen Mensch und Tier ist das unsichtbare Band, das alles zusammenhält.

Wenn ein Pony auf Zuruf kommt, ruhig neben einem Kind stehen bleibt oder sich an einen Rollstuhl schmiegt – dann ist das kein Zufall, sondern Ergebnis einer tiefen, gelebten Partnerschaft. Für Carola ist klar: „Nur wer sich auf sein Tier einlässt, kann diese Magie erleben.“

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Therapieponys brauchen ausreichend Pause. Am liebsten genießen sie ihre freie Zeit auf der Weide.   © Carola Weidemann

Einsatz mit Achtsamkeit

Therapieponys geben eine Menge – aber nur, wenn sie dürfen, nicht müssen. Ob im Kindergarten oder Seniorenheim – eine halbe Stunde pro Person genügt schon, um Freude zu schenken. Danach heißt es: entspannen, grasen, einfach Pony sein. „Ich beobachte meine Ponys genau. Wenn sie mal keine Lust haben, bleiben sie auf der Weide – ganz ohne Zwang“, sagt Carola. Denn nur so bleibt die Arbeit für Tier und Mensch erfüllend.

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© Carola Weidemann

Fazit

Von der Weide zum Therapiepony ist ein Weg voller Liebe, Geduld und Hingabe. Und am Ende steht ein kleines Wesen, das Großes bewirkt. Für Menschen, die verloren geglaubte Gefühle wiederentdecken. Für Kinder, die zum ersten Mal vertrauen. Und für alle, die wissen: Heilung beginnt oft im Herzen – und manchmal mit einem Wiehern.

Zur Person

Carola Weidemann ist seit über 30 Jahren leidenschaftliche Reitlehrerin und Spezialistin für die Ausbildung von Therapieponys. Mit viel Herzblut bildet sie englische Miniaturponys zu sanften Begleitern in der tiergestützten Therapie aus. Ihre einfühlsame Arbeit wurde auch im Fernsehen gewürdigt – zuletzt in einem berührenden Beitrag im WDR.