Studie

Mögen Pferde unsere Berührungen?

Ein Artikel von Redaktion | 14.01.2025 - 17:13
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Eine aktuelle Studie zeigt: Pferde empfinden unsere Berührungen nicht automatisch als angenehm.   © Laura Battiato - stock.adobe.com

Ob Streicheln, Tätscheln oder Kraulen – Berührungen sind ein fester Bestandteil der Mensch-Pferd-Interaktion. Besonders in der pferdegestützten Therapie spielen sie eine zentrale Rolle. Doch wie nehmen Pferde diese Berührungen wahr? Fühlen sie sich dabei wohl oder lösen bestimmte Berührungen Stress aus?

Forscher:innen aus Guelph (Kanada) und Dijon (Frankreich) sind dieser Frage nachgegangen. Ihre Studie untersuchte, wie zehn Therapiepferde auf verschiedene Arten der Berührung und unterschiedliche Situationen reagierten.
 

Unterschied Freiwilligkeit

Die Studie fand in einem Roundpen statt. Zwei verschiedene Szenarien wurden getestet:

  • Nicht freiwillige Berührung: Das Pferd war angebunden, während ein Mensch es an Hals, Rumpf und Hinterhand tätschelte, streichelte oder kraulte.
  • Freiwillige Berührung: Das Pferd durfte sich frei bewegen, und der Mensch durfte es nur berühren, wenn es von selbst in Reichweite kam.

Zusätzlich gab es eine Kontrollsituation, in der das Pferd allein im Roundpen war ohne Beisein eines Menschen.

Stress oder Entspannung?

Die Forscher:innen achteten auf zwei Dinge: das Verhalten der Pferde und ihre Herzfrequenz. Dabei ließen sich interessante Beobachtungen machen.

  • Mehr Unruhe bei angebundenen Pferden: Wenn die Pferde nicht selbst entscheiden konnten, ob sie berührt werden wollen, zeigten sie mehr stressbedingtes Verhalten. Dazu gehörten beispielsweise Maulbewegungen, Unruhe und Schweifschlagen.
  • Berührungsart oder Körperstelle unwichtig: Egal ob Tätscheln, Streicheln oder Kraulen – die Art der Berührung hatte keinen großen Einfluss. Ebenso war es egal, ob der Hals, der Rumpf oder die Hinterhand berührt wurde.
  • Höhere Herzfrequenz bei freier Bewegung: Bei freiwilligen Berührungen war die Herzfrequenz der Pferde höher als bei angebundenen. Das könnte aber auch daran liegen, dass die Pferde sich im freien Roundpen mehr bewegten. Eine erhöhte Herzfrequenz ist also nicht unbedingt ein Zeichen für Stress.
  • Menschliche Erfahrung spielt keine Rolle: Ob der Mensch viel oder wenig Erfahrung mit Pferden hatte, machte für die Reaktionen der Pferde keinen Unterschied.

Die Studie zeigt, dass Pferde Berührungen nicht automatisch als angenehm empfinden. Besonders dann, wenn sie keine Wahl haben, reagieren sie häufiger mit Stresssignalen. Für Menschen, die mit Therapiepferden arbeiten, ist das eine wichtige Erkenntnis: Pferde sollten so oft wie möglich selbst entscheiden können, ob sie Kontakt möchten oder nicht.
 

Schnauben als Kommunikationsmittel

Als besonders wertvoll kann sich in diesem Zusammenhang auch das Erlernen der sogenannten „Schnaubkorrespondenz“ erweisen. Mit ihrer Hilfe können Pferde gezielt Einfluss auf eine Situation nehmen und so ganz klar zum Ausdruck bringen, wenn sie sich unwohl oder überfordert fühlen. Die „Schnaubkorrespondenz“ ermöglicht nicht nur eine klarere Kommunikation zwischen Pferden und Therapeuten, sondern auch eine direkte Rückmeldung über den emotionalen Zustand des Pferdes für die Kinder und Jugendlichen in der Therapie.

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Doch auch ohne Schnaukorrespondenz sind die Ergebnisse ein guter Anlass, über den Umgang mit Pferden nachzudenken – ob in der Therapie, beim Reiten oder im Alltag. Wer besser auf die Körpersprache der Pferde achtet und ihnen mehr Mitbestimmung einräumt, kann ihre Lebensqualität deutlich verbessern. Das nützt nicht nur den Pferden, sondern macht auch die Zusammenarbeit mit ihnen sicherer.