Paralympics 2024

Pepo Puch sichert sich Ticket fürs Kür-Finale

Ein Artikel von Redaktion | 03.09.2024 - 18:54
GEPA-20240903-101-134-0017.jpg

Thomas Hallers Espalion war von der Kulisse und den vielen Zusehern im Versailler Reistadion doch deutlich beeindruckt.
© GEPA pictures

Seit Donnerstag laufen in Paris die Paralympischen Spiele, am heutigen Dienstag ging es nun endlich auch für die Reiter:innen los. Wie schon für die Regelsportler bot auch den Para-Dressurreiter:innen Schloss Versailles die atemberaubende Kulisse für die Bewerbe.

Insgesamt drei Medaillensätze wurden an diesem ersten Tag vergeben, an dem die Einzelwertungen der Grades I, II und III auf dem Programm standen. Den Auftakt machten die Grade-III-Paare. Für Österreich ging in dieser Klasse Thomas Haller an den Start. Mit sechs Paralympics-Teilnahmen ist der Wiener Unternehmer einer der erfahrensten Athleten hier in Paris. Leider lief es für den 59-Jährigen und seinen Ehrentusch-Sohn Haller’s Espalion nicht wie erhofft. Mit 63,733 % blieb das Paar doch deutlich unter seinen Möglichkeiten und verpasste als 11. unter 13 Startern die Qualifikation für das Kür-Finale der Top 8.

„Ich bin unheimlich stolz auf das Pferd, er war sehr tapfer. Die Prozente zeigen nicht das, was wir können, aber mehr war nicht drin. Er war sehr ängstlich und aufgeregt, das hat man von Beginn an gemerkt. Aber auch, dass er sich sehr bemüht hat“, so Haller, für den es „ein Erlebnis war, vor dieser Kulisse zu reiten“. Espalion habe das Ambiente im Schlosspark Versailles aber an die Grenzen geführt. „Ich hätte vielleicht mehr machen können, aber mit noch mehr Druck wäre er nur ängstlicher geworden. Das Risiko war zu groß!“ Das Zusammenspiel mit seinem Sportpartner hat aber sehr gut funktioniert, befindet Haller: „Ich war voll auf ihn fokussiert und habe die ganze Zeit mit ihm gesprochen. Es ist großartig, dass ich ihm einen so würdigen Abschluss ermöglichen kann, denn nach den Spielen geht Espalion in Pension.“

Die erste Goldmedaille der Paralympischen Reitbewerbe in Paris sicherte sich die US-Amerikanerin Rebecca Hart. Hart war 2021 bei den Paralympics in Tokio Teil des US-Bronzeteams, bei der WM ein Jahr später ritt sie bereits zu Einzelbronze und -Silber. Mit ihrem neuen Pferd, der Hannoveraner Fidertanz-Tochter Floratina, ritt sie nun erstmals zu Gold. 77,9 % vergab die Jury für ihren Ritt. Damit verdrängte sie die bis dahin in Führung gelegene Niederländerin Rixt van der Horst, die ihre erst neunjährigen Royal Fonq zu 76,433 % geritten war. Bronze gab es für die britische Vizeweltmeisterin von 2022, Natasha Baker auf Dawn Chorus. 73,167 % lautete ihr Ergebnis.

GEPA-20240903-101-134-0048.jpg

Ein dickes Lob von Pepo Puch für seinen Sailor's Blue © GEPA pictures

Pepo Puch und Sailor’s Blue tanzen ins Kür-Finale

Der im Anschluss ausgetragene Einzelbewerb im Grade II bot aus österreichischer Sicht Hochspannung pur. Bereits im Vorfeld hatte Pepo Puch angekündigt, auf volles Risiko zu setzen: „Das ist wie beim Pokern, wenn du All-in gehst. Entweder es geht auf, und du bist der Star, oder eben nicht.“ Das Ergebnis dieser Taktik war eine super Runde, stets schön im Vorwärts, sicher im Takt und zufrieden in der Anlehnung. Als musikalische Untermalung hatten die Veranstalter Walzerklänge für das Paar ausgesucht, was wunderbar zur leichtfüßigen Darbietung passte. Als Puch und sein Blue zum Donauwalzer bombensicher im Schlusshalt Aufstellung nahmen, war dem Steirer die Freude über den gelungenen Ritt deutlich anzusehen. Die Richter beurteilten die Leistung mit Wertungen zwischen 70 und 75 % - im Durchschnitt wurden es 72,793 %. Damit reihte sich Puch auf Rang 3 hinter dem überragenden US-Paar Fiona Howard auf Diamond Dunes und der Deutschen Heidemarie Dresing auf Dooloop ein.

Leider gelang es den letzten beiden Starterinnen, sich noch vor Pepo Puch einzureihen, sodass für den sechsfachen Paralympics-Medaillengewinner diesmal „nur“ Rang 5 blieb. Die Kür-Qualifikation hatte der 58-Jährige damit allerdings locker in der Tasche. Und die Gewissheit, dass die Medaillenränge in greifbarer Nähe sind. Denn abgesehen von Howard, die mit 76,931 % ganz klar das beste Resultat an diesem Tag erzielte, lagen die Plätze 2 bis 5 innerhalb weniger Zehntel. Silber ging an die Doppelweltmeisterin von Herning 2022, Katrine Kristensen aus Dänemark. Nach ihrer Babypause konnte sie im Sattel ihres Goerklinggaards Quater wieder an alte Erfolge anschließen. Sie erzielte 73,966 % und reihte sich damit knapp vor der Britin Georgia Wilson und ihrer Oldenburger Fuchsstute Sakura (73,414 %) ein.

GEPA-20240903-101-134-0038.jpg

Pepo Puch und Sailor's Blue überzeugten mit toller Trabarbeit
© GEPA pictures

Seinen ersten von insgesamt drei Ritten bilanzierte Pepo Puch mit gemischten Gefühlen: „Es war nicht supergut, aber auch nicht schlecht. Wenn man das Ergebnis sieht, hätte ich mehr riskieren können, aber das ist immer die Abwägung, wie weit man an die rote Linie geht und wie viel Harmonie da ist. Vielleicht habe ich mich ein bisschen verpokert.“ Für seinen Sailor’s Blue hatte er jedenfalls nur Lob parat: „Er war wahnsinnig toll, unglaublich konzentriert und bei der Sache.“

GEPA-20240903-101-134-0091.jpg

Auch wenn es nicht der erhoffte 70-Prozent-Ritt geworden ist - Spaß hat's Julia Sciancalepore allemal gemacht! © GEPA pictures

Schrecksekunde für die „Rampensau“

Im hart umkämpften Grade I, der mit 22 Paaren klar das größte Starterfeld bot, ging Julia Sciancalepore mit ihrem Heinrich IV an den Start. Für die Kärntnerin sind es hier in Paris bereits ihre dritten Spiele. In Tokio 2021 war ihr erstmals die Kürqualifikation gelungen, im Freestyle war es dann ein starker 7. Platz geworden. In Versailles wird das Einzelfinale allerdings ohne die 28-Jährige stattfinden. Das Paar zeigte einen guten Ritt, kam mit 68,917 % aber nicht an seine Bestmarken heran, was letztlich Rang 10 bedeutete.

„Das war heute ein bisschen wie Pflaster abziehen“, sagte Julia Sciancalepore beim Blick auf die Anzeigetafel. „Normalerweise haben wir unsere 70 %, aber wir sind hier bei den Paralympics und nicht irgendwo.“ Nachsatz: „Also eigentlich sind wir im Sumpf von Versailles, nicht irgendwo“, nahm es die Grade I-Reiterin mit Humor.

Auch weil ihr der erste Ritt mit ihrem "Heini" heute viel Spaß gemacht hat. „Ich bin mit unserer Leistung sehr zufrieden. Wir sind heute für das Publikum geritten.“ Ein Grund, warum die 28-Jährige nicht ihre Bestleistung abrufen konnte, passierte auf dem Weg ins Viereck. „Eigentlich ist Heini ja eine kleine Rampensau, allerdings hat er sich beim Hergehen etwas erschreckt, weil so viele Menschen hier sind. Aber wir sind ruhig geblieben, haben unser Programm absolviert und die Atmosphäre sehr genossen.“

Letztere hat Sciancalepore Lust auf mehr gemacht – und die Heeressportlerin weiß, was auch schon, was sie anders und besser machen muss. „Etwas mehr Energie wäre nicht schlecht, daran werden wir in den nächsten Tagen arbeiten und das Training etwas anpassen. Dann bin ich sicher, dass wir uns noch einmal eine Ecke größer präsentieren.“

Ganz groß präsentierte sich heute Rihards Snikus auf seinem King of the Dance. Der 36-jährige Lette, der in Tokio sowohl im Einzel- als auch in den Kür Silber gewonnen hatte, zeigte bei seinem vierten Paralympischen Spielen eine brillante Leistung, die ihm beeindruckende 79,167 % einbrachten. Damit verhinderte er den dritten US-Sieg des Tages, denn Roxanne Trunnell (USA), die zweifache Einzel-Goldmedaillengewinnerin von Tokio, war mit ihrem Fan Tastico H wieder ganz stark unterwegs. Ihre 78 % sollten diesmal jedoch nur für Silber reichen. Komplettiert wurde das Grade-I-Podest durch Italiens Sara Morganti. Auf Mariebelle ritt sie zu 74,625 % - und sicherte sich damit ihre dritte Bronzemedaille bei Paralympischen Spielen.