Thomas Tesch, Österreichs Chef d’Equipe in der Vielseitigkeit, fasst seine Arbeit zusammen: „Wir müssen den Reiter:innen sämtliche administrativen Belange abnehmen, sodass sie sich nur auf das Reiten konzentrieren können. Natürlich müssen wir uns auch um den restlichen Betreuerstab kümmern, um die Reiter:innen bestmöglich zu unterstützen. Wir treffen die Entscheidungen über die Aufstellung des Teams, den gesamten Teamauftritt und die Startreihenfolge – und darüber hinaus agieren wir oft als Mädchen für alles.“
Der Steirer Tesch kann auf keine klassische Reiterkarriere zurückblicken und wuchs bei seinem Onkel in Mürzzuschlag auf. Der war internationaler Geländebauer, Tesch begleitete ihn zu vielen Bewerben und hat daher schon lange Kontakte zu allen österreichischen Kaderreiter:innen. Der 42-Jährige sammelte auch Erfahrung als Turnierleiter und Veranstalter und seit 2016 hat er die Funktion des Bundesreferenten für Vielseitigkeit inne. Sein Resümee nach Paris: „Nach den Spielen ist vor den Spielen. Nächstes Jahr ist die EM dazu da, das Team zu festigen, 2025 bei der WM in Aachen geht es schon um sieben Olympia-Plätze, im vorolympischen Jahr 2027 haben wir wieder die Chance, uns als Team für LA zu qualifizieren. Ich gehe davon aus, dass die Vielseitigkeit in den USA wieder vertreten sein wird. Fix ist, dass es dort meine letzte Olympiade als Equipechef sein wird. Ich werde das dann zwölf Jahre gemacht haben, dann müssen neue Besen her, die kehren besser!“
In der Dressur ist Diana Wünschek seit 14 Jahren als Equipechefin bei Championaten und Meisterschaften im Einsatz. „Damals ist Thomas Lang, der diese Funktion innehatte, an mich herangetreten, ob ich das nicht machen möchte. Und seither bin ich dafür verantwortlich. Natürlich geschieht die Organisation im Vorfeld in Zusammenarbeit mit dem OEPS-Büro: Transporte veranlassen, Hotelzimmer bestellen, besonders bei den Nachwuchschampionaten müssen wir uns selber kümmern. Im Erwachsenenbereich macht das der Organisator oder hier das ÖOC. Und dann sind die Sichtungen vorzuschreiben, wie kommt überhaupt jemand ins Team, Pflicht- und Wahlturniere vorschreiben und am Ende dann auswählen, wer fährt.“
Der Papierkram stellt dabei die größte Herausforderung dar. „Es gibt tausend Listen, die man erstellen muss, wer in welchem Zimmer wohnt, welches Pferd wo hinkommt.“ Seitdem die Auslosung der Startreihenfolge durch einen Computer-Zufallsgenerator vorgenommen wird, haben Equipechefs auch nicht mehr den „Schwarzen Peter“ sollte es einmal nicht ideal laufen, so wie gestern bei den Springreiter:innen. „Aber ich habe schon einmal den Platz 1 gezogen, die Reiterin war nicht böse. Das war Lilly Messner und sie hat ganz lieb gesagt: 'Juhuuu, ich eröffne die Europameisterschaft!'“
Wünschek begann ihre reiterliche Karriere im Springreiten, dann wechselte sie zur Dressur und nach Ende der Aktivenzeit übernahm sie den derzeitigen Betreuerposten, den sie weiterhin mit Leidenschaft ausübt.
Angelika May, die bei den Springreitern erst seit 2023 als Chef d’Equipe im Amt ist, war in ihrem Zivilberuf angesehene Richterin (spezialisiert auf Familienrecht) und verfügt über eine Mediatorenausbildung – kein Nachteil in ihrer Position.
„Ich war das erste Mal als Equipechefin 2023 in St. Gallen dabei. Da hat mich Sabine Seeburger-Schranz, die zur gleichen Zeit bei einem wichtigen anderen Turnier im Einsatz war, darum gebeten. Nach ihrem Rücktritt hat der OEPS beschlossen, dass ich mit zur Europameisterschaft in Mailand fahren darf. Diese Bronzemedaille, die werde ich mein Leben nie vergessen.“
Interessant auch ihre Wurzeln im Springsport: „Ich war nach der Matura ein Jahr lang Turnierpferdepflegerin bei der Familie Fuchs und habe damals Thomas und Markus Fuchs betreut. Nach diesem Jahr begann ich Jus zu studieren und bin mit zwei Pferden sehr erfolgreich bis M und leichte S geritten. International bin ich nur wenig geritten, dafür arbeitete ich für einen Pferdehändler und bin in Belgien mit belgischer Lizenz und in England mit englischer Lizenz an den Start gegangen. Das war eine ganz spannende sportliche Zeit.“
Nach ihrer Pensionierung als Richterin ist sie u.a. als Schriftführerin im OEPS-Direktorium tätig. „Als Equipechefin sehe ich es als meine Aufgabe, den Reitern alles abzunehmen, außer das Reiten. Die ganze Koordination, auch mit den Medien, mit den Fotografen, die Laufereien am Turnier. Allfällige Dinge ausräumen, wenn die Richter ein Problem haben oder ein Steward ein Problem hat, dann die Auswahl des Teams, die Reihenfolge des Teams. Da ich in meinen ersten zwölf Jahren meines Berufslebens Anwältin war, sehe ich auch meine Aufgabe als Anwältin des Teams aufzutreten. Deswegen bin ich auch so bedacht darauf, dass das Team mit mir offen umgeht, weil ich nur dann, so wie ein Anwalt, in der Lage bin, die Anliegen zu transportieren, sei es jetzt gegenüber einem Veranstalter oder sei es gegenüber dem Verband.“
Nach der Olympiaquali erstellte sie auch gemeinsam mit Max Kühner, der letztes Jahr als sportlicher Leiter engagiert wurde (der Posten des Springreferenten ist derzeit unbesetzt) eine strategische Planung mit konkreten Turnierteilnahmen. Und so war der Weg nach Paris auch für alle transparent, als Journalist habe ich es mit diesen drei Personen leichter als bei vielen anderen Championaten in der Vergangenheit - und dafür möchte ich auf diesem Weg auch einmal danke sagen!