Zucht

Tschüss, Mama! Fohlen stressfreier absetzen, Fehler vermeiden

Ein Artikel von Redaktion | 08.10.2024 - 10:53
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Die Trennung von Fohlen und Mutter ist immer mit Stress für beide verbunden. Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich der Abschiedsschmerz aber leichter verwinden. © www.Slawik.com

Das Absetzen eines Fohlens von seiner Mutter ist ein entscheidender Moment im Leben eines jungen Pferdes. Dabei ist das Ziel, den unvermeidlichen Stress so gering wie möglich zu halten. Studien zeigen, dass eine durchdachte Vorgehensweise den Unterschied für das Wohlbefinden der Tiere ausmacht. Hier sind einige wichtige Do's und Don'ts, die Pferdehalter:innen beachten sollten:

Do's

  1. Ein Schritt nach dem anderen
    Ein schrittweises Vorgehen, bei dem jeden Tag ein oder zwei Stuten aus der Herde entnommen werden, hat sich als schonender erwiesen. Diese Methode ermöglicht den Fohlen, sich allmählich an die Trennung zu gewöhnen, was zu weniger Stress und besseren Anpassungsreaktionen führt.
  2. Vertraute Begleiter bereitstellen
    Eine Studie der Vetmed Uni Vienna hat gezeigt, dass Fohlen, denen vertraute Stuten zur Seite gestellt wurden, weniger Stress erlebten. Die Anwesenheit erwachsener, bekannter Pferde kann den Verlust der Mutter teilweise ausgleichen und den Cortisolspiegel (Stresshormon) im Fohlen reduzieren.
  3. Artgerechte Gruppenhaltung gewährleisten
    Fohlen sollten nach dem Absetzen keinesfalls allein gehalten werden. Gleichaltrige Artgenossen sind essenziell, um den sozialen Kontakt und das Wohlbefinden zu fördern. Gruppenzugehörigkeit hilft den jungen Pferden, den Trennungsschmerz besser zu verarbeiten und sich schneller an neue Umstände anzupassen.
  4. Stressarme Umgebung schaffen
    Ein Wechsel der Umgebung sollte möglichst vermieden werden, da dies zusätzlichen Stress verursacht. Wenn ein Umzug in einen neuen Stall notwendig ist, sollte dies zeitlich getrennt vom Absetzen erfolgen, um eine Überlastung des Fohlens zu verhindern.
  5. Naturnahe Entwöhnung in Betracht ziehen
    Wenn es die Umstände erlauben, sollten Fohlen länger bei ihren Müttern bleiben. Studien zeigen, dass in der Natur das Absetzen oft erst mit etwa neun Monaten erfolgt, wobei die Fohlen auch danach noch in der Nähe der Mutter bleiben. Diese Methode kann insbesondere bei privaten Halter:innen eine schonende Alternative darstellen.
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Viel gutes Heu ist besonders wichtig für die gesunde Entwicklung des Absetzers. © www.slawik.com

Neuer Futterplan für die Youngsters

Nach dem Absetzen fällt die Muttermilch mit ihrem wertvollen Eiweiß und hochwertigen Aminosäuren für den Pferdenachwuchs komplett weg. Zudem erfolgt das Absetzen traditionell im Herbst, das Weidegras ist zu dieser Zeit wenig nahrhaft und bietet daher keinen adäquaten Ersatz. Um den Nährstoffbedarf für das Wachstum abzudecken, werden spezielle Fohlenfutter angeboten. Auch Hafer in Ergänzung mit einen Fohlen-Mineralfutter ist eine gute Wahl, allerdings sollte dieser gequetscht werden, da die Zähne noch nicht voll entwickelt sind. Grundsätzlich gilt: Zu viel ist schädlich! Wachsen die Jungtiere zu schnell, sind die Knochen weniger stabil und das Risiko von Gelenkchips steigt. Heu von guter Qualität sollte dem Nachwuchs ausreichend zur Verfügung stehen. Wichtig: Schon vor dem Absetzen sollte das Fohlen Gras, Raufutter und Ergänzungsfutter gewohnt sein – und ausreichend Wasser trinken. Das klingt selbstverständlich, allerdings wurde in einer amerikanischen Studie beobachtet, dass etwa die Hälfte der Fohlen vor dem Absetzen kein Wasser trank.

Don'ts:

  1. Abruptes Absetzen vermeiden
    Die gängige Methode, bei der Fohlen abrupt und vollständig von der Mutter getrennt werden, ist für die Tiere mit erheblichem Stress verbunden. Häufig führen plötzliche Trennungen zu Verhaltensstörungen, Gewichtsverlust und einem geschwächten Immunsystem.
  2. Keine ständige, kurzfristige Trennung
    Obwohl das graduelle Absetzen oft als schonender gilt, sollte darauf geachtet werden, die Fohlen nicht ständig kurzfristigen Trennungen auszusetzen. Diese wiederholten Trennungen können ebenfalls stressig sein und das Fohlen überfordern.
  3. Nicht nur auf das Alter achten
    Die Entscheidung, ein Fohlen abzusetzen, sollte nicht allein aufgrund seines Alters getroffen werden. Wissenschaftler empfehlen, individuell zu entscheiden, wann ein Fohlen bereit für die Trennung ist. Manche Fohlen sind früher selbstständig, andere hängen länger an ihren Müttern.
  4. Fohlen nicht isoliert halten
    Nach der Trennung von der Mutter darf ein Fohlen niemals alleine bleiben. Eine isolierte Haltung ohne Artgenossen führt zu erheblichem Stress und kann langfristige Verhaltensstörungen zur Folge haben.
  5. Praktische Gründe nicht über das Tierwohl stellen
    Auch wenn es aus organisatorischen, sportlichen oder schlicht praktischen Gründen verlockend sein mag, das Absetzen früher und schneller durchzuführen, sollte das Wohl des Fohlens immer im Vordergrund stehen. Der kurzfristige Nutzen für den Zuchtbetrieb darf nicht über den langfristigen Folgen für das Tier stehen.
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In Gesellschaft lässt sich der Trennunsschmerz leichter verarbeiten.
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Ein erfolgreiches Absetzen erfordert Geduld und eine tiergerechte Herangehensweise. Durch schrittweises Absetzen, die Bereitstellung von vertrauten Begleitern und eine naturnahe Haltung kann der Stress für das Fohlen minimiert werden. Abrupte Trennungen und Isolation hingegen sollten tunlichst vermieden werden, da sie die körperliche und mentale Gesundheit des Tieres gefährden. Der Fokus sollte immer auf dem Wohlbefinden des Fohlens liegen – denn weniger Stress bedeutet eine gesündere Entwicklung und ein ausgeglicheneres Pferd im späteren Leben.

Bedürfnisse der Mutter nicht vergessen

Auch für die Mutterstute bedeutet die Trennung von ihrem Nachwuchs großen Stress. Ruhige Bewegung, etwa Spazierengehen, leichtes Training und Weidegang in den ersten Tagen danach können die Stute ein wenig ablenken. Da noch einige Zeit Milch produziert wird, das Fohlen aber nicht mehr trinkt, besteht die Gefahr einer Euterentzündung. Um diese zu vermeiden, empfehlen Expert:innen – neben Bewegung – das Kraftfutter zu reduzieren und keinesfalls die Milch abzumelken, denn dies regt die Milchbildung weiter an. Früher wurde mitunter empfohlen, der Stute weniger Wasser zur Verfügung zu stellen, damit sich nicht so viel Milch bildet. Von dieser Praxis wird mittlerweile dringend abgeraten! Schwillt das Euter stark an, ist heiß und berührungsempfindlich, sollte ein Tierarzt zu Rate gezogen werden.