Ein Ausritt in der Gruppe macht viel Spaß – zumindest, wenn die Pferdesich zu benehmen wissen. Aber auch das lässt sich trainieren. © www.slawilk.com
Auf einem Pferd im Gelände unterwegs zu sein, gehört wohl zu den schönsten Arten, Landschaft und Natur zu genießen. Durch die Wälder zu streifen, Hügel zu erklimmen und über einen Wiesenweg zu galoppieren, ist für Pferdeherz und Reiterseele ein wohltuender Genuss. Die Grundvoraussetzung für ein Vergnügen dieser Art ist allerdings ein Pferd, auf das man sich verlassen kann. Es soll artig und gehorsam den Anweisungen des Reiters folgen, mutig vorangehen können und bei einem im Winde wackelnden Grashalm nicht gleich die Nerven verlieren.
Wenn man auf einem routinierten Pferd durch die Landschaft zieht, kann man leicht vergessen, wie groß und vielfältig die Anforderungen sind, die an ein gutes Ausreitpferd gestellt werden. Ein Pferd, auf dem man mit einem sicheren Gefühl alleine oder in der Gruppe ausreiten kann, ist ohne Frage Gold wert. Wenn es mit dem eigenen Pferd noch nicht so ganz klappt, kann nachgebessert werden. Denn auch das Ausreiten lässt sich trainieren.
Es geht hinaus!
Ist das Pferd noch jung und lernt es das Gelände erst kennen, ist das Ausreiten in Begleitung anderer Pferde im Allgemeinen die bessere Lösung. In der Herde (selbst wenn diese nur aus ihm selbst und einem zweiten Artgenossen besteht) fühlt sich das Pferd meist sicherer und hat mehr Mut, die Gegend zu erkunden und neue Dinge kennenzulernen. Um es auf das Ausreiten alleine vorzubereiten, bieten sich geführte Spaziergänge an. Wenn das Pferd seinen Menschen sehen kann, fällt es ihm leichter, Vertrauen in ihn und seine Kompetenz zu fassen. Zu Trainingszwecken können Sie Ihr Pferd immer wieder an neue und auch an für Pferde unheimliche Orte führen, an denen vielleicht Traktoren parken oder ungewohnte Tiere wohnen. Vertraut Ihnen Ihr Pferd vom Boden aus, wird es sich leichter tun, Ihnen auch vom Sattel aus zu vertrauen, selbst dann, wenn es mal nervös und ängstlich wird.
Noch verstärken kann man das gegenseitige Vertrauen mit Schrecktraining und Beziehungsarbeit. Jede Minute, die Sie mit Ihrem Pferd verbringen, ist hier von Nutzen. Für das Ausreiten zu zweit ist zu erwähnen, dass sich hierbei die Tempogelüste beider Pferde ein gutes Stück erhöhen können. Zwei Renngalopp liebende Pferde mit nervösem Gemüt können einander leicht aufschaukeln, zwei ängstliche Pferde einander schon mal gegenseitig in Panik versetzen. Wenn das eigene Pferd also noch nicht ganz so kontrollierbar ist, wie man es gerne hätte, und man die Wahl hat, sollte man ein zur Nervosität neigendes Pferd lieber mit einem gemütlichen Artgenossen ins Gelände schicken. Im Idealfall wird das schnelle Pferd ruhiger und sein Kollege etwas munterer.
Wenn das Ausreiten in der Gruppe ein Problem darstellt, kann man auch dies üben. Und zwar auf dem Reitplatz. Üben Sie hinter einem anderen Pferd nach zu reiten – und wenn Sie die Möglichkeit haben, reiten Sie auch in der Abteilung. In der Reitbahn ist es einfacher, das Einhalten von Abständen und vorgegebenen Tempi zu trainieren. Auch das nebeneinander Reiten sollte ein gutes Ausreitpferd beherrschen. Und wenn sich die Möglichkeit ergibt, bei einer Quadrille mitzureiten, dann nutzen Sie diese! Ein Pferd, das gelernt hat, sich in einer Quadrillegruppe artig zu benehmen, wird kaum noch Probleme haben, in einer Gruppe ins Gelände zu gehen.
Eile mit Weile
Die Vorstellungen von einem gelungenen Ausritt können zwischen Pferd und Reiter stark differieren. Der häufigste Streitpunkt ist in den meisten Fällen das Tempo. Ein erholungsuchender Ausreiter möchte vielleicht bei Schritt und leichtem Trab entspannen, vielleicht noch einen kleinen Galopp dranhängen, während sein Vierbeiner ein paar hundert Meter Renngalopp erst so richtig befreiend findet. Ist das Pferd so heftig, weil es in den vergangenen Tagen zu wenig Bewegung hatte, lässt sich das Problem leicht lösen. Vor dem Ausreiten sollte es sich im Freilauf oder auf der Koppel austoben dürfen. Auch Galoppieren auf dem Reitplatz, bevor es an den Ausritt geht, wird ihm helfen, seinen Stallmut loszuwerden.
Von der pferdischen Begeisterung für schnelle Bewegungen einmal abgesehen, gibt es aber noch andere Gründe, warum Pferde schneller werden als vorgesehen. Wenn dabei Zügelzug und sonstige reiterliche Hilfen nicht mehr durchkommen, spricht man vom Durchgehen.
Ein im Galopp durchgehendes Pferd stellt für den Reiter, sich selbst und Dritte eine große Gefahr dar. Wenn ein Pferd plötzlich losprescht, gibt es oft kein Halten mehr. Ist es passiert, ist Ursachenforschung wichtig, um so einen Ausbruch in Zukunft vermeiden zu können. Meist ist Angst oder Erschrecken der letzte Auslöser vor so einem Run ins Ungewisse. Deshalb hilft jegliche Form von Schreck- und Gelassenheitstraining - nicht nur dabei, das Pferd mutiger zu machen, sondern auch dabei, zu lernen, in Angstsituationen auf den Menschen zu hören und nicht sofort dem natürlichen Pferdeinstinkt der schnellen Flucht zu folgen.
Ein weiterer Faktor, der zum Durchgehen führen kann, ist Schmerz. Ein drückender Sattel, ein zu scharfes Gebiss und in manchen Fällen wohl auch ein grober Reiter bereiten dem Pferd Schmerzen und erhöhen seinen Stresslevel. Auch dadurch kann Panik und Fluchtinstinkt ausgelöst werden. Bei Durchgängern sollte man deshalb immer zunächst die Ausrüstung überprüfen und sich fragen, ob sie dem Pferd auch wirklich passt. Ein Pferd, das beim Anblick von Sattel oder Gebiss nervös hin und her trippelt, mit den Zähnen knirscht oder andere Stressanzeichen zeigt, hat vermutlich Schmerzen beim Reiten. Das schwächt natürlich sein Nervenkostüm und auch seine Neigung, sich artig zu benehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich den reiterlichen Hilfen entzieht oder plötzlich in Panik verfällt, steigt damit drastisch.
Übung zur Tempokontrolle
Um das Pferd bei Ausritten gut unter Kontrolle zu haben, kann man das Zurückhalten des Pferdes üben. Zunächst bietet sich natürlich das Training auf dem Reitplatz an. Wenn man sein Pferd hier nicht im Griff hat, ist das Reiten im Gelände keine gute Idee. Für viele Pferde ist das Reiten im Gelände aber eine völlig andere Situation – und was auf dem Viereck klappt, kann auf einem Feldweg schnell vergessen sein. Deshalb bieten sich Übungen an, die direkt im Gelände trainiert werden. Es handelt sich um eine Mischung aus Gehorsamkeits- und Gelassenheitsübungen. Es ist wichtig, sich dafür Zeit zu nehmen, denn mit Zeitdruck ist es nahezu unmöglich, selbst die Gelassenheit zu haben, die für so ein Training nötig ist.
Zunächst muss man einen passenden Trainingsort finden. Man benötigt einen Weg, der sich auch als Galoppstrecke eignet, also eine Strecke, die weit fort von Gefahrenquellen wie Straßen oder Gräben ist und einen geeigneten Boden für einen schnellen Galopp bietet. Um üben zu können, das Pferd unter Kontrolle zu halten, wenn ihm gerade nach rennen zumute ist, muss man eine Situation schaffen, in der das Pferd auch tatsächlich loslaufen möchte. Aus diesem Grunde macht man nun etwas, von dem man vielleicht gehört hat, dass man es nie machen soll: Man lässt das Pferd mehrmals hintereinander auf der ausgewählten Strecke galoppieren. Dadurch entsteht im Pferd die Erwartungshaltung, dass es dort immer galoppieren darf. Je größer diese Erwartungshaltung ist, desto mehr können die nächsten Übungen auch bewirken. Als erstes soll das Pferd lernen, dass man diese wunderschöne Galoppstrecke auch im Schritt benutzen kann. Versuchen Sie, ganz ruhig zu bleiben, auch wenn Ihr Pferd aufgeregt ist. Denken Sie an den entspannten Reiterhintern, atmen Sie tief und langsam, denken Sie vielleicht auch an eine schöne, ruhige Musik, wenn Ihnen das hilft. Auch die Zügelführung sollte entspannt wirken. Gaukeln Sie Ihrem Pferd vor, dass Sie seine Aufregung gar nicht bemerken. Dennoch: bleiben Sie wachsam. Macht das Pferd einen Trabschritt oder versucht es sogar, anzugaloppieren, halten Sie es kurz zurück, gehen aber danach sofort wieder in Ihre Entspannungshaltung. Auch wenn Sie das häufig wiederholen müssen, bleiben Sie ruhig. Sie können auch mitten auf der Strecke eine Pause einlegen. Lassen Sie Ihr Pferd grasen oder kraulen Sie e s ein wenig. Auch einmal abzusteigen und die Natur zu bestaunen, hilft dem Pferd zu verstehen, dass es jetzt nicht ums Rennen geht. Und wenn es wirklich zu nervös ist, um Schritt gehen zu können, dann führen Sie es die Strecke entlang. Und dann wieder zurück. Alles im Schritt. Wie oft Sie dafür üben müssen, kann sehr stark variieren.
Wenn das schließlich klappt, können Sie beim nächsten Mal folgende Übung ausprobieren: Auf der Strecke wird nun getrabt, mit langem Hals, möglichst losgelassen. Trab, wieder Schritt, wieder Trab, gemütliche Stehpause. Üben Sie dies abwechselnd und wenn möglich in beide Richtungen. Wenn dies kein Problem mehr darstellt, darf beim nächsten Mal wieder galoppiert werden. Genauso ruhig wie im Trab, so losgelassen, wie es die Ausbildung des Pferdes zulässt. Gehen Sie die Strecke öfter hintereinander, mal im Trab, mal im Galopp. Parieren Sie das Pferd auf halber Strecke durch, gehen Sie ein Stück im Schritt weiter, dann galoppieren Sie wieder an – und so weiter. Das Pferd soll alle Gangarten auf dem Weg gehen können und sich jederzeit wieder durchparieren lassen. Üben Sie immer wieder, bis das Pferd die Strecke so akzeptiert, als wäre sie die Reitbahn.
Angst erzeugt Angst
Was eine brenzlige Situation noch brenzliger machen kann, ist ein ängstlicher Reiter. Selbst wenn das Pferd völlig schmerzfrei unterwegs ist und entspannt aus dem Stall kommt, kann es die Angst des Reiters in nervöse Stimmung versetzen und unberechenbar machen. Angst kann man allerdings nicht einfach abschalten.
Die Angst des Reiters vor dem Reiten oder vor dem Pferd ist leider häufig ein Tabuthema. Dennoch ist sie ganz natürlich und auch auf gar keinen Fall selten. was es so schwieirg macht: Pferde sind Meister darin, unsere Gefühle wahrzunehmen. Als Fluchttiere achten sie ständig auf ihre Umgebung und nehmen jede Unsicherheit wahr, die sie selbst als Anzeichen für eine Gefahr auslegen. Umgekehrt kann ein entspannt wirkender Mensch ein unsicheres Pferd auch vom Gegenteil überzeugen und seine Gelassenheit auf den Vierbeiner übertagen.
Fürchtet sich ein Pferd vor etwas in der Umgebung und wird nervös, ist es also von Vorteil, ihm zumindest vorzugaukeln, man selbst sei gelassen. Beinmuskulatur und Reitergesäß sollen entspannt auf dem Sattel ruhen, ruckartige Bewegungen oder gar angstvolle Lautäußerungen tunlichst vermieden werden. So wie man daran arbeitet, dass das Pferd lernt, seinen natürlichen Fluchtinstinkt zu überwinden, so muss auch der Mensch seine eigenen Instinkte in den Griff bekommen. Wenn ein Reiter nämlich Angst hat, ist es wahrscheinlich, dass er reflexartig die Beine zusammendrückt, hektisch am Zügel zieht, vielleicht sogar grob wird oder laut schreit. Sprich, er signalisiert dem ängstlichen Pferd, dass seine Angst durchaus berechtigt ist, da er ja auch Angst hat. Es entbehrt nicht einer gewissen Logik, dass das Pferd nun das Weite suchen möchte. Und wenn es läuft, wird festes Knie-Klammern es noch schneller flüchten lassen.
Absteigen und Führen ist keine Schande. So manch brenzlige Situation lässt sichauf diese Weise entschärfen und macht das Pferd auf Dauer mutiger. © www.slawilk.com
Die Angst des Reiters vor dem Reiten oder vor dem Pferd ist leider häufig ein Tabuthema. Dennoch ist sie ganz natürlich und auch auf gar keinen Fall selten. was es so schwieirg macht: Pferde sind Meister darin, unsere Gefühle wahrzunehmen. Als Fluchttiere achten sie ständig auf ihre Umgebung und nehmen jede Unsicherheit wahr, die sie selbst als Anzeichen für eine Gefahr auslegen. Umgekehrt kann ein entspannt wirkender Mensch ein unsicheres Pferd auch vom Gegenteil überzeugen und seine Gelassenheit auf den Vierbeiner übertagen.
Fürchtet sich ein Pferd vor etwas in der Umgebung und wird nervös, ist es also von Vorteil, ihm zumindest vorzugaukeln, man selbst sei gelassen. Beinmuskulatur und Reitergesäß sollen entspannt auf dem Sattel ruhen, ruckartige Bewegungen oder gar angstvolle Lautäußerungen tunlichst vermieden werden. So wie man daran arbeitet, dass das Pferd lernt, seinen natürlichen Fluchtinstinkt zu überwinden, so muss auch der Mensch seine eigenen Instinkte in den Griff bekommen. Wenn ein Reiter nämlich Angst hat, ist es wahrscheinlich, dass er reflexartig die Beine zusammendrückt, hektisch am Zügel zieht, vielleicht sogar grob wird oder laut schreit. Sprich, er signalisiert dem ängstlichen Pferd, dass seine Angst durchaus berechtigt ist, da er ja auch Angst hat. Es entbehrt nicht einer gewissen Logik, dass das Pferd nun das Weite suchen möchte. Und wenn es läuft, wird festes Knie-Klammern es noch schneller flüchten lassen.
Anti-Klebe-Übung
Für diese Übungen braucht man die Hilfe eines zweiten Reiter-Pferd-Paares. Das Hilfspferd ist im Idealfall ein Routinier mit ruhigem Gemüt. Auf einer ausgewählten Strecke wird zunächst hintereinander angetrabt. Das Hilfspferd geht voran. Nach einem Teilstück im Trab wird das Pferd, das übt, in den Schritt pariert, während das Hilfspferd weitertrabt, bis es nach einiger Zeit stehen bleibt und wartet, dass sein Kollege im Schritt nachkommt.
Pferde reagieren sehr unterschiedlich auf diese Übung. Für manche stellt die temporäre Trennung vom Ausreitkollegen kein großes Problem dar, während andere sofort hinter dem Artgenossen her wollen (und das auch, wenn Sie sonst ohne Probleme a lleine mit Ihrem Pferd ausreiten gehen können). Schon mit zwei Pferden kann sich so etwas wie eine Herdendynamik einstellen – die Pferde wollen sich nicht mehr trennen und beginnen zu „kleben“.
Funktioniert diese Übung bereits gut, wird der Abstand zwischen den Pferden immer mehr erweitert. Klappt das auch, darf das Pferd zum Hilfspferd hin traben, solange sein Tempo in vernünftigem Rahmen bleibt. Um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, darf das Hilfspferd im nächsten Schritt angaloppieren, während das andere im Trab oder Schritt bleiben muss. Wenn es das alles schon gut meistert, sollte es schließlich auch stehen bleiben können, während das andere Pferd davonsaust. Wer diese Hürde meistert, kann zurecht sehr stolz auf sich und sein Pferd sein.
Für bereits Fortgeschrittene bietet sich folgende Übung an, die dem Gelassenheitstraining die Krone aufsetzt. Dabei gehen Sie im Schritt den Weg am Rand entlang, während das Hilfspferd am Wegesanfang wartet. Sobald Sie einen guten Abstand haben, darf das Hilfspferd lossausen und an Ihnen und Ihrem Pferd mit genügend Sicherheitsabstand vorbeiziehen. Können Sie Ihr Pferd in dieser Situation nicht nur im Schritt halten, sondern bleibt Ihr Pferd dabei so gelassen, dass eine kleine Hilfe ausreicht – oder Sie sogar gar nichts tun müssen – dann haben Sie beide es wirklich geschafft. Nun haben Sie das Rüstzeug, auch in Situationen bestehen zu können, in denen andere Pferde zu schnell werden, durchgehen oder hoch nervös sind. All diese Übungen können auch auf andere Wege verlegt werden. Auch in Richtung Stall sollten sie wiederholt werden.
Was tun im Notfall?
Wenn das Pferd einmal kopflos davonläuft, wird es sehr schwer, es wieder zur Vernunft zu bringen. Deshalb ist es so wichtig, das eigene Pferd gut zu kennen. Wer früh erkennt, dass sich die Situation zuspitzt, kann noch reagieren. Wird es wirklich brenzlig, ist das Beste, was man tun kann, ohne zu zögern abzusteigen. Das ist keine Schande und keine Niederlage, sondern eine Frage der Vernunft und entschärft nicht nur die akute Gefahrensituation, sondern ist auch für die Zukunft eine bessere Grundlage, als wenn Pferd und Reiter einen Querfeldein- Höllenritt absolvieren müssen.
Ein wirklich panisches Pferd aufzuhalten, übersteigt meist die Kräfte und Möglichkeiten des Reiters. Was man auf keinen Fall tun sollte, ist stetig am Zügel zu ziehen! Der stete Zug macht die Hilfe komplett nutzlos. Das Pferd kann sie nicht wahrnehmen. Loslassen und wieder Annehmen ist die bessere Variante. Man kann versuchen, das Pferd ein bisschen schräg zu stellen, damit es sich ein wenig einbremst. Noch besser ist es, wenn es gelingt, das Pferd im Hals seitlich zu biegen. Die Muskulatur wird dabei lockerer, und das Pferd kann so aus seinem Rennrausch wieder herausfinden.
Das sogenannte Eindrehen (das durch einseitigen Zügelzug seitliche Einrollen des Pferdehalses) bringt Pferde zwar zum Anhalten, birgt aber große Gefahren. Das Pferd kann so sehr leicht über die eigenen Beine stolpern oder aus der Balance geraten und hinfallen. Außerdem erhöht es die Aufregung des Pferdes nur noch. Es sollte nur im absoluten Notfall und sehr vorsichtig angewandt werden und auch nur, um mit dieser Notbremse absteigen zu können.
Ebenfalls ein probates Mittel, um die Notbremse zu ziehen: Man kann nach einem Platz suchen, auf den man das Pferd abwenden kann oder versuchen, es auf eine Steigung zu lenken, auf der ihm hoffentlich die Puste ausgeht. Ruhig mit ihm zu sprechen (auch wenn einem eigentlich zum Schreien zumute ist), bringt manche Pferde dazu, sich wieder an ihren Reiter zu erinnern und auf ihn und seine Hilfen zu achten. Und wenn es geschafft ist und das Tier steht, dann sollte man absteigen und eine Weile zu Fuß gehen. Denn mit dem vielen Adrenalin, das bei so einem Erlebnis ins Reiter- und auch ins Pferdeblut geschüttet wird, kann sich leicht noch einmal ein unfreiwilliger Parforceritt ereignen.
Muss man feststellen, dass das Verhalten des eigenen Pferdes im Gelände zu gefährlich ist, um damit allein zurechtzukommen, sollte man sich besser Hilfe suchen oder ganz aufs Ausreiten verzichten. Jeder Reiter muss für sich selbst entscheiden, wie viel Risiko er eingehen will. Geländeritte bergen zu viele Verletzungsgefahren, um sich zu etwas drängen zu lassen, dem man sich nicht gewachsen fühlt.
Eine gute Ausbildung von Pferd und Mensch erhöht ganz allgemein die Sicherheit beim Reiten und im Umgang mit Pferden in allen Sparten und Bereichen. Auf diese Weise fördert sie auch die Freude am Miteinander. Nur mit einem gut kontrollierbaren Pferd lässt sich die Natur in vollen Zügen genießen, ob im gemütlichen Schritt oder im schnellen Jagdgalopp. Und an einem schönen Ausritt haben Zwei- wie Vierbeiner Spaß.
Was tun, wenn
… das Pferd nach Hause will?
Den Drang Richtung Stall kann man bei vielen Pferden bemerken. Meist rührt er von einer Unsicherheit her. Entweder hat das Pferd Angst vor der ungewohnten Umgebung oder es fühlt sich unwohl, weil es sich nicht im Schutz einer Herde befindet. Sehr oft ist es eine Mischung aus beidem. Deshalb funktioniert das Ausreiten in der Gruppe für solche Pferde oft besser. Ein zweites Pferd reicht dabei meist schon aus. Auch hier helfen Spaziergänge, bei denen Sie Ihr Pferd führen. Auch Pausen während des Ausreitens – Pausen, in denen Sie absteigen, das Pferd vielleicht grasen darf, in denen alle etwas entspannen dürfen – können die Eile des Pferdes bremsen. Es soll sich wohlfühlen draußen, nur dann kann es auch ein zuverlässiger Ausreitpartner werden.
Gegen das stete Streben nach Hause können auch kleine Runden, die zwei- oder dreimal hintereinander geritten werden, hilfreich sein. Oder Achterschlaufen und dergleichen, die das Pferd immer in Richtung nach Hause und wieder davon weg führen.
… das Pferd nicht weiter will
Es gibt Pferde, die – oft für den Reiter unvermutet – plötzlich stehen bleiben und nicht mehr weiter wollen. Sie stellen sich breitbeinig hin und verweigern jegliche Hilfe, die sie vorwärts bringen will. Für den Menschen ist dieses Verhalten meist nur sehr schwer zu durchschauen. Attribute wie „stur“ und „zickig “ kommen in solchen Fällen zum Einsatz. Der Ursprung dieses Verhaltens ist oft nicht ganz klar nachzuvollziehen. Nicht jedes Pferd reagiert auf Angst mit nervösem Getänzel und hoch erhobenem Kopf. Es kann also durchaus vorkommen, dass das Pferd aus Angst nicht weiter will. In diesem Fall hilft es, das Pferd zu Fuß weiterzuführen und es mit dem Angst einflößenden Ort besser vertraut zu machen.
Die Verweigerung kann aber auch auf ein größeres Problem hindeuten. Unter Umständen empfindet das Pferd beim Gerittenwerden zu viel Druck und zeigt das im Gelände auf diese Weise. In so einem Fall kann dieses Verhalten auch leicht auf den Reitplatz übergreifen.
Aber auch jedwedes andere Unwohlsein wie Probleme in der Haltung oder Schmerzen können die Ursache dieses Problems sein. Eine Überprüfung dieser Bereiche kann auf keinen Fall schaden.
Steht das Pferd einmal fest da oder will es sich höchstens nur noch rückwärts bewegen, ist guter Rat teuer. Es mit Gewalt weiterzutreiben, hat – neben moralischen Bedenken – einen großen Nachteil: In vielen Fällen verschlimmert sich das verweigernde Verhalten drastisch. Dies kann sogar so weit führen, dass das Pferd sauer wird und kaum noch geritten werden kann. Die sicherere Methode ist, sich auf ein zugegebenermaßen oftmals sehr forderndes Geduldsspiel einzulassen. Lassen Sie Ihr Pferd stehen. Es darf nicht umdrehen oder abbiegen, nicht am Gras naschen, aber es darf stehen. Ab und zu geben Sie ihm die Hilfe fürs Weitergehen, immer in derselben Stärke, sie soll nicht heftiger werden. Es gibt nur sehr wenige Pferde, die die Geduld haben, sich tatsächlich für Stunden ins Gelände zu stellen.
Wenn Sie selbst also mehr Geduld haben, wird das Pferd irgendwann von selbst weitergehen. So ein Erlebnis ist ein großer Erfolg. Auch wenn man dies oft wiederholen muss, sollte man geduldig bleiben. Wenn man es aber wirklich mal eilig hat, dann kann man sich durchaus auch erlauben, abzusteigen oder ein anderes Pferd vorangehen zu lassen. Geduldsspiele wie dieses lassen sich nicht unter Zeitdruck spielen.
… der Reiter fällt
Es kann immer mal passieren. Ein unerwarteter Sprung zur Seite, ein etwas zu ausgelassener Buckler – und der Reiter findet sich im Gras wieder. Gegen das Hinunterfallen hilft nur, möglichst häufig zu reiten und viel Erfahrung zu sammeln, aber so richtig gefeit ist man davor nie. Auch wenn ein Sturz im Gelände glimpflich und verletzungsfrei für alle Beteiligten ausgeht, kann er dennoch unangenehme Folgen haben. Vor allem dann, wenn der Reiter bei einer Fluchtreaktion des Pferdes zu Sturz kam, kann es vorkommen, dass man sein Pferd bald nur mehr als hüpfendes Pünktchen am Horizont sieht. Von der nicht geringen Verletzungsgefahr des Pferdes und unbeteiligter Dritter einmal abgesehen, gibt es Angenehmeres als einen Rückweg zu Fuß und womöglich noch in engen Reitstiefeln.
Natürlich kann so etwas immer mal passieren, aber um das Risiko eines bestiefelten Gewaltmarsches zu verringern, empfiehlt es sich, auf der Koppel oder im Freilauf das Einfangen zu üben. Rufen Sie Ihr Pferd beim Namen oder mit einem immer gleichbleibenden Kommando. Lassen Sie es eine Karotte abholen, bevor es weitergrasen oder wieder durch Reitbahn oder Round Pen laufen darf. Auch an der Longe kann man das Herbeirufen üben, man muss nur schnell sein mit dem Einholen der Longe, wenn das Pferd herein biegt. Geben Sie ihm ein Leckerli, streicheln Sie es, kraulen Sie es – es soll sich gut und entspannt fühlen, wenn es zu Ihnen kommt. Auf diese Weise kann es lernen, dass bei Ihnen ein sicherer Ort ist und es somit keine schlechte Idee ist, sich in einer Krisensituation von Ihnen einfangen zu lassen.
Trainieren Sie immer wieder einmal, auch im Stallalltag ist ein herbeikommendes Pferd praktisch (vor allem dann, wenn es auf einer weitläufigen Koppel oder in einem gatschigen Auslauf steht).
… das Pferd fällt
Ein stürzendes Pferd ist der Albtraum eines jeden Reiters. Nicht nur, dass es sich selbst verletzen kann, schwebt vor allem der Reiter in großer Gefahr. Darum lohnt es sich, sich darüber ein paar Gedanken zu machen.
Rutschige Böden stellen natürlich immer eine Gefahr dar. Eine solide dressurmäßige Ausbildung verringert das Risiko auszurutschen, weil das Pferd geradegerichtet im Gleichgewicht gehen kann. Dennoch ist zu beachten, dass der Hals des Pferdes nicht zu kurz genommen werden darf. Für das Ausreiten sollte der Hals gestreckter sein als auf dem Dressurviereck. So sieht das Pferd besser und kann sich, wenn es mal strauchelt, leichter austarieren und seine Balance wiederfinden.
Das sollte man auch im Hinterkopf behalten, falls das Pferd tatsächlich stolpert und vorne einknickt. Es braucht seinen muskulösen Hals in voller Länge, um nicht vorneüber zu fallen. Wer hier zu stark am Zügel hält, riskiert, dass es hinfällt und sich vielleicht sogar überschlägt. Aus diesem Grund stellen Hilfszügel im Gelände ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko dar.
Trittsicherheit ist eine wichtige Tugend für ein gutes Ausreitpferd. Auch diese lässt sich in der Reitbahn üben. Cavallettiarbeit ist hier das Stichwort. Das Pferd soll über Cavaletti in regelmäßigen und unregelmäßigen Abständen traben können. Kleine Sprünge und Gymnastikreihen erhöhen die Geschicklichkeit eines Pferdes enorm und damit ebenfalls die Sicherheit bei einem Ritt ins Gelände.
Auch im Gelände selbst lässt sich gut trainieren. Nutzen Sie Gelegenheiten, bei denen Sie kleine Böschungen hinauf und wieder hinabreiten können. Und lassen Sie Ihr Pferd auch ab und zu über einen umherliegenden Ast steigen. Jede Bewegungserfahrung fördert die Trittsicherheit.
Auch das bergab Reiten gehört zu diesen wertvollen Erfahrungen – und damit ist nicht nur im Schritt gemeint. Pferden bereitet das bergab Laufen nur selten eine Schwierigkeit. Viele Reiter empfinden es allerdings als äußerst gruselig. Und da nervöse Menschen auch Pferde nervös machen, ist es gut, sich selbst zu trainieren und gegen diese Unsicherheit anzukämpfen. Suchen Sie sich für den Anfang einen Weg, der nur ganz leicht bergab geht. Traben Sie ihn entlang und haben Sie keine Angst, Ihr Pferd wird da s gut machen. Bauen Sie diese Übung immer wieder in Ihre Ausritte ein. Und wenn Sie richtig sicher werden, können Sie auf so einem leicht abfallenden Weg auch einen Galopp wagen. Wenn Sie und Ihr Pferd an diesen Übungen Spaß haben, können Sie noch einen Schritt weiter gehen und es mal mit einem Vielseitigkeits-Reitkurs versuchen. Auf einer Vielseitigkeitsstrecke müssen Pferd und Reiter bergab genauso zurechtkommen wie bergauf oder geradeaus. Die Sprünge müssen auch nicht hoch sein, um Trittsicherheit und Gehorsam zu trainieren. Und wenn man gut geübt hat, kann ein Ritt über eine Geländestrecke Pferd wie Reiter viel Spaß bereiten.
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