Ob nun dem Wässern oder Bedampfen der Vorzug zu geben ist, hängt ganz davon ab, welches Ziel verfolgt wird. Wer ein stoffwechselkrankes Pferd besitzt, für den steht die Reduktion von Zucker ganz oben auf der Prioritätenliste. In einem solchen Fall hat das Heuwässern ganz klar die besseren Karten. Mit dem Einweichen werden wasserlösliche Kohlenhydrate und damit eine Vielzahl an Zuckerverbindungen aus dem Heu herausgelöst. Dieser Effekt verstärkt sich, je länger das Heu im Wasser liegt.
In einer Studie konnten Forscher den Gehalt an nicht strukturierten Kohlenhydraten (NSC) von 13,8 auf 8,6 Prozent verringern, wenn das Heu für 60 Minuten lang ein Wasserbad nahm. Elf Stunden später hatte sich der Anteil gar auf 4,8 Prozent verringert. Ein beachtliches Ergebnis.
Allerdings lassen sich nicht nur Zuckermoleküle herauswaschen – auch andere Nährstoffe gehen beim Einweichen verloren, darunter lebenswichtige Mineralien wie Kalium und Natrium. Wer hauptsächlich eingeweichtes Heu füttert, sollte deshalb auf eine entsprechende Supplementierung achten. Kaum beeinträchtigt wird hingegen der Eiweißgehalt des Heus. Selbst nach neun Stunden Einweichzeit gibt es nur minimale Einbußen bei den enthaltenen Proteinen.
Einer der größten Nachteile des Einweichens ist seine Auswirkungen auf die mikrobielle Belastung des Futters. Ohne eine anschließende thermische Aufbereitung in einer Trocknungsanlage oder einem Bedampfer können sich Bakterien und Pilze – abhängig von der Umgebungstemperatur und der Dauer bis es verzehrt wird – dramatisch vermehren. Und zwar in einem solchen Ausmaß, dass die Keimbelastung die Vorteile der Staub- und Zuckerreduktion deutlich überwiegen.
Gleich weiterlesen: Was Sie beim Wässern von Heu beachten sollten
Das Wässern von Heurationen steht heute in vielen Ställen auf der täglichen To-Do-Liste. Es soll Staub verringern und den Zuckergehalt reduzieren. Doch das Einweichen hat nicht nur Vorteile. Unter welchen Wie nasses Heu zum Gesundheitsrisiko wird, lesen Sie hier.
Ein weiterer Nachteil ist die schlechtere Verdaulichkeit von gewässertem Heu, wie Dr. Dorothe Meyer von iWEST Tier-Ernährung erklärt: „Nasses Heu stört ein zusammenhängendes System – das Pferd produziert weniger Speichel und kann dadurch das Futter schlechter verdauen.“
Probleme wie diese gibt es beim Bedampfen nicht. Einer Untersuchung des Kentucky Equine Research Centre zufolge wird Heu aus dem Steamer besonders sorgfältig gekaut – mehr sogar als unbehandeltes. Dadurch wird die Speichelproduktion verstärkt und der Magen vor zu hoher Säurebelastung geschützt.
Gedämpftes Heu kann noch mit einem weiteren Vorzug punkten: Ähnlich wie bei dampfgegarten Gemüse bleiben auch im Heu die Nährstoffe großteils erhalten. Allerdings gilt das auch für Kohlenhydrate. Einer britischen Studie zufolge verringert sich der Zuckergehalt des Raufutters nach einem fast einstündigen Dampfbad nur marginal. Bei Wiesenheu bewegte sich die Reduktion zwischen zwei und drei Prozent.
Einen durchschlagenden Erfolg bringt das Bedampfen hingegen bei der Bekämpfung von Pilzsporen, Milben und Bakterien. Der Haygain, Marktführer im Bereich der Heubedampfer, benebelt das Futter mit über 100 Grad heißem Wasserdampf. Bei solchen Temperaturen machen nachweislich 99 Prozent der Keime schlapp. Heu aus dem Steamer ist damit ideal für keimsensible Lungenpatienten, zumal auch lungengängigen Staubpartikeln in einem professionellen Bedampfer keine Chance haben. Ein Vorteil, den Produkte wie der Haygain gegenüber Modellen der Marke Eigenbau haben. Letztere verteilen den Dampf weit weniger gleichmäßig, zudem sind sie selten wirklich dicht und deshalb weniger heiß. Das kann unterm Strich denselben Effekt bringen wie das Einweichen von Heu, wie eine Studie aus Großbritannien zeigt. „Teilweise gedämpftes Heu reduzierte die freien, lungengängigen Teilchen um 88 % – ein deutlich niedrigerer Wert als jener, der mit Einweichen oder mit dem Haygain erreicht wird. Es verringerte aber nicht wesentlich die Schimmel- oder Bakterienkonzentrationen im Vergleich zu trockenem Heu“, so Rebecca James von Haygain, die an der Studie mitgearbeitet hat. Zu bedenken gilt außerdem: ist die Temperatur beim Dampfen nicht hoch genug, können die warm-feuchten Bedingungen ein Bakterienwachstum sogar zusätzlich stimulieren.
Grundsätzlich gilt: Egal ob es um die Zuckerreduktion oder die Verringerung der Keim- und Staubbelastung von Heu geht – schlechtes Heu wird weder durch Wässern noch durch Bedampfen hochwertig. Richtig eingesetzt können beide Methoden jedoch ihren Teil zur Gesunderhaltung von beeinträchtigten Pferden leisten.
ps