Eine an der Middle Tennessee State University durchgeführte Studie konnte deutlich machen, dass Beinschutz beim Pferd ein großes Risiko der Überhitzung und daraus entstehender Sehnenschädigung mit sich bringt. Lucas Brock und Holly Spooner testeten sechs verschiedene Gamaschen und Bandagen auf ihre temperatur- und feuchtigkeitsstauende Wirkung am Pferdebein. Die Pferde in ihrem Test trugen jeweils an einem Vorderbein einen Beinschutz, während das andere unbedeckt blieb. Sie wurden in zwanzigminütigen Testläufen gearbeitet und ruhten danach für drei Stunden stehend bei einer Umgebungstemperatur von etwa 23 Grad. Während des gesamten Ablaufs wurden die Temperatur und Feuchtigkeit an beiden Vorderbeinen in unmittelbarer Nähe des Griffelbeins und der Beugesehnen gemessen.
Die Ergebnisse sind wenig überraschend, deshalb aber nicht weniger bedenklich: Sowohl die getesteten Neopren-Gamaschen (traditionell und perforiert) als auch Gamaschen aus atmungsaktiverem Stomatex, Vielseitigkeitsgamaschen, Elastik- und Fleece-Bandagen führten zu stark beschleunigter und verstärkter Erhitzung des Beins.
Bereits nach 15 Minuten erreichten die bedeckten Beine Temperaturen, die zu Zellschädigungen führen können, und kühlten auch nach der Arbeit des Pferdes nicht wieder ab, solange der Beinschutz am Pferd verblieb. Die unbedeckten Pferdebeine hingegen erreichten keinen potentiell schädigenden Temperaturbereich, kühlten sich aber ebenso innerhalb der drei Stunden Ruhezeit kaum wieder ab.
Es sei also wichtig, so die Autoren, beim Einsatz von Bandagen und Gamaschen bewusst zwischen Schutzfunktion und Überhitzungsrisiko abzuwägen und die tatsächlichen Bedürfnisse im Training im Kopf zu behalten. Wenn sie zum Einsatz kämen, sollten sie nach der Arbeit schnellstmöglich entfernt und die Gliedmaßen zum Beispiel mit dem Wasserschlauch gekühlt werden. Das sei aber auch nach einem Training ohne Beinschutz sinnvoll. Wie die Pferdebeine passiv abkühlen und welche Strategien zur effizienteren Kühlung geeignet sind, soll nun zukünftige Forschung zeigen.
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Auch Kompression schadet
Es ist nicht das erste Mal, dass die Wissenschaft die Auswirkungen von Beinschutz beim Pferd kritisch beleuchtet. Bereits 2006 zeigte eine Studie, durchgeführt an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, dass etwa Stallbandagen in der Regel deutlich mehr schaden als nutzen, weil die Kompression im Bereich der unteren Gliedmaßen das Lymphsystem in seiner Funktion teilweise massiv beeinträchtigt.