Wir haben unsere Leser:innen auf Facebook gefragt, was sie ganz konkret zum Schutz ihrer Pferde gegen unbefugte Fütterung unternehmen. Die Antwortenden waren sich ziemlich einig: doppelte Koppeleinzäunungen, Sichtschutz, Videoüberwachung, Verbotsschilder mit Androhung von Anzeige bei Fütterung der Pferde. In vielen Fällen sind dies Notmaßnahmen, die wir Pferdehalter: innen mehr aus Verzweiflung als aus Überzeugung ergreifen. Zorn und Unverständnis angesichts unbelehrbarer fütternder Passant:innen bleiben trotzdem, die Sorgen um die Pferde und das Gefühl von Hilflosigkeit belasten die Gemüter. Aber Kopf hoch: Gute Lösungen gibt es viele, wenn man ein wenig über den Tellerrand hinausblickt. Wie unbefugte Fütterung auf dem Rechtsweg und, wo nötig, schnell und wirkungsvoll in der Praxis verhindert werden kann, haben wir für Sie recherchiert.
Kein Kavaliersdelikt
Unbefugte Fütterung fremder Pferde ist nicht nur ein Ärgernis und eine Bedrohung für die Tiergesundheit, sondern auch ein strafbarer Eingriff in fremdes Eigentum. Das ist spätestens durch zwei Gerichtsurteile, die in den letzten Jahren medial für Aufsehen sorgten, klar geworden. 2021 ging der kuriose Fall der damals 67-jährigen Margaret Porter aus Yorkshire vors Gericht. Sie fütterte das ehemalige Rennpferd Nelson auf seinem Paddock mit Karotten, weil es auf sie einen „recht traurigen“ Eindruck machte, ihr unterernährt schien. Mrs. Porter missachtete die wiederholten Bitten von Nelsons Besitzerin Suzanne Cooke, das Füttern zu unterlassen. Stattdessen zeigte sie Mrs. Cooke bei der Tierschutzorganisation RSPCA und der Gemeindeverwaltung an. Selbst nachdem der Tierschutzinspektor Nelsons Haltung und Wohlbefinden für einwandfrei erklärt hatte, hörte Mrs. Porter nicht auf zu füttern – bis Mrs. Cooke sie schließlich ihrerseits anzeigte und der Fall nach zwei Anhörungen mit einer einstweiligen Verfügung gegen die völlig uneinsichtige Mrs. Porter endete.
Viel tragischer ging leider ein deutscher Fall aus, der 2008 vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe landete: Ein Mann, der seine Schwester aus einem Reitstall abholen wollte, fütterte drei Pferde in ihren Boxen mit frischem Heu. Alle drei erkrankten an schweren Koliken, eine trächtige Stute musste eingeschläfert werden. Der Besitzer des Reitstalls klagte den Mann daraufhin auf 21.000 Euro Schadenersatz. Einerseits aufgrund des rechtswidrigen Eingriffs in fremdes Eigentum und andererseits aufgrund des fahrlässigen Handelns des Angeklagten – als der Pferdefütterung Unkundiger hätte er gar nicht erst füttern dürfen, argumentierte der Richter – bekam der Kläger schließlich in zweiter Instanz Recht (Urteil nachzulesen auf openjur.de/u/356398.html).
Der rechtliche Schutz gegen unbefugte Fütterung fremder Tiere gründet sich auch in Österreich vor allem auf den unzulässigen Eingriff in fremdes Eigentum: Wer ein Tier ohne Zustimmung des Halters füttert, wird schadenersatzpflichtig, sofern das Tier dadurch erkrankt oder sonstige Schäden entstehen (Schadenersatzregelungen u. a. in §§ 1293 ff. ABGB). Gerichtsurteile aus Österreich konnten hierzu im Zuge der Recherche für diesen Beitrag allerdings nicht gefunden werden, wie im Einzelfall entschieden wird, ist schwer abzusehen. Umso mehr sollte uns Pferdehalter: innen daran liegen, es gar nicht so weit kommen zu lassen.
Verhärtete Fronten
Besonders jene, deren Pferde auf Auslaufflächen an stark frequentierten Spazierwegen und/oder nahe eines Siedlungsgebiets stehen, sehen sich oft vor einem unlösbaren Problem. Am schlimmsten trifft es die, die mitleiderregende alte, sichtbar kranke oder magere Pferde haben. In Internetforen liest man von empathischen Fremdfütterern, die „arme“ Ponys mit Fressbremsen (!) mit Gras versorgen, aber auch von unberechtigten Besucher:innen in Ställen, die zur Familienunterhaltung am Wochenende die Pferde in den Boxen füttern, und von leeren Chips- oder Gummibärchen- Packungen vor Koppelzäunen.
Nicht nur die unkontrollierbare Menge der Zufütterung kann für die Pferde gefährlich werden, sondern besonders auch die Qualität und Eignung des Futters. Die Übertragung von ansteckenden Krankheiten zwischen Pferdebeständen durch den Kontakt der Tiere mit den Passant:innen kann ebenfalls zum ernsthaften Problem werden. Abgesehen davon: Jede Form von Zufütterung bringt Unruhe unter die Tiere, es kommt zu mehr Streitigkeiten, eventuell zu Verletzungen von Pferden und/oder Passant: innen oder auch zu Schäden am Zaun.
Aus der Not heraus greifen viele Pferdehalter:innen dann auch zu „harten“ Schutzmaßnahmen und nehmen negative Konsequenzen für Pferd und Mensch in Kauf: Doppelte Zäune beschneiden die oft ohnehin knappen Auslaufflächen, Koppeln und Weiden werden zu den öffentlichen Flächen hin durch hohe Mauern oder Hecken uneinsehbar gemacht (und manchmal ziemlich unattraktiv). Videoüberwachung auf der Weide und Drohungen via Hinweisschild tun ein Übriges zu einem möglichst abweisenden Auftreten der Pferdeställe. Für Wohlbefinden sorgt das leider weder vor noch hinter den Mauern.
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Eine schwer kontrollierbare Unsitte, die unseren Pferden ernsthaft schaden kann, ist das unbefugte Füttern über den Koppelzaun. In der Märzausgabe stellen wir ungewöhnliche und wirkungsvolle Methoden vor, die Pferde wirkungsvoll vor Fremdfütterern schützen können.
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