Forschung

Gut gegen Stress: Wenn das Herz von Pferd und Mensch synchron schlagen

Ein Artikel von Pressemitteilung | Red. | 14.03.2025 - 14:23
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© Lichtblickhof

Eine wachsende Zahl von Forschungsarbeiten beschäftigt sich mit den positiven Wirkfaktoren von Mensch-Pferd-Interaktionen und zeigt, dass die Interaktion mit Tieren das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen verbessern kann. Gerade in Krisenzeiten, wo die Worte fehlen, können Pferde mit ihrer ausgeprägten Fähigkeit zur nonverbalen Kommunikation einen wertvollen Beitrag in der Equotherapie liefern. „Pferde sind durch ihre hochdifferenzierte non-verbale Kommunikation wahre Meister der körpersprachlichen Interaktion. Daraus entsteht ein Bewegungsdialog zwischen Mensch und Pferd, der einen der zentralsten Wirkfaktoren der pferdegestützten Therapie darstellt. Pferde bieten Geborgenheit und Schutz in besonders herausfordernden, stressigen Zeiten.“, erzählt Roswitha Zink, Psychotherapeutin, Biologin und Geschäftsführerin des Kinderhospiz Lichtblickhof.
 

Erstmals therapeutisches Dreieck untersucht

In einem Forschungsprojekt am Kinderhospiz Lichtblickhof wurden physiologische Parameter für eine Stressreaktion (die Herzfrequenz, die Herzratenvariabilität (HRV) und das Kortisol) nicht nur bei Klientinnen, sondern auch von den Therapiepferden und der Therapeutin in einer standardisierten Pferdetherapieeinheit gemessen. Damit ist dieses Pilotprojekt international einzigartig, denn zum allerersten Mal wurden hierbei alle drei Teilnehmer:innen des therapeutischen Dreiecks (Therapeutin, Therapiepferd, Klientin) gemeinsam untersucht.

Gemessen wurden die physiologischen Parameter vor, während und nach einer standardisierten Therapiesitzung sowie unter Kontrollbedingung ohne Pferd gemessen. An den Versuchen nahmen vier Therapiepferde und zehn weiblichen Klientinnen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung im frühen Erwachsenenalter teil.

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Im Versuch wurden Herzfrequenz, Herzratenvariabilität (HRV) und Kortisol als Stressparameter bei Klientin, Therapeutin und Pferd gemessen.   © Lichtblickhof

Herzschläge passen sich einander an

Bei der Analyse der Ergebnisse zeigte sich, dass sich die Herzschläge von Therapiepferd, Klientin und Therapeutin während den Einheiten einander anpassten und sich synchronisierten. Die Herzfrequenz zwischen Therapeutin und Klientin korrelierte signifikant, ebenso wie die Herzfrequenz zwischen Therapeutin und Pferd. Dieser Effekt war größer, wenn die Therapeutin mit einem vertrauten Pferd interagierte mit dem sie eine intensive Beziehung hatte die über die „Arbeitsbeziehung“ zu den anderen Therapiepferden hinausging.

Auch die Herzfrequenzen von Klientin und Pferd korrelierten, allerdings nur, wenn es sich bei dem Pferd um das Lieblingspferd der Klientin handelte. Eine positive Beziehung der Interaktionspartner:innen war demnach tatsächlich der ausschlaggebende Faktor, dass Synchronisation stattfinden konnte. Diese Beobachtungen decken sich mit der bisherigen Literatur, die den Einfluss der Qualität der Mensch-Tier-Beziehung betont.
 

Pferde haben stressreduzierende Wirkung

Für die pferdetherapeutische Praxis sind die Ergebnisse von großer Bedeutung, denn sie machen die Wichtigkeit der konstanten Beziehung zu Therapiepferd und Therapeut:in mehr als deutlich. Davon abgesehen liefert die Studie den Beweis, dass die Integration von Pferden ins therapeutische Setting eine stressreduzierende Wirkung auf Klientinnen hat. Nach dem Pferdekontakt (im Gegensatz zu davor) und in der Experimentalbedingung mit dem Therapiepferd (im Gegensatz zur Kontrollbedingung mit einem Tonnenpferd aus Holz) zeigten sich ein Trend zu niedrigeren Kortisol und Herzfrequenz-Werten sowie höheren HRV-Werte. Hohe Werte in der HRV sprechen für ein hohes Wohlbefinden und niedrige Werte im Kortisol und der Herzfrequenz zeigen Entspannung an.

Beim Lösen einer Herausforderung zeigten sich sogar eine signifikant niedrigere Herzfrequenz, wenn das Pferd dabei war, als wenn die Herausforderung ohne Pferd gelöst werden musste.

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Forschung bestätigt Nutzen der pferdegestützten Therapie

Die Ergebnisse der Untersuchungen fanden bereits bei zahlreichen internationalen wissenschaftlichen Konferenzen große Zustimmung. Anna Naber, klinische Psychologin am Lichtblickhof, erzählt: „Dass Pferde sich positiv auf unser Wohlbefinden auswirken und dabei helfen, Stress zu reduzieren und Entspannung zu erleben, das wissen die Meisten schon aus ihrer täglichen Praxis, aus vielen Beobachtungen und Erlebnissen. Auch, dass ‚Beziehung‘ im therapeutischen Setting ein ganz essenzieller Faktor ist, ist den meisten bekannt. Und trotzdem ist es wichtig, die Forschung in diesem Bereich voranzutreiben, damit das Wissen, das wir Therapeut:innen, aber auch die Eltern und Therapiekinder erleben, auch wissenschaftlich darstellbar wird, um eine größere Akzeptanz der pferdegestützten Therapie zu erreichen und die Rahmenbedingungen für die Therapie zu optimieren.“

Fortbildung Tiergestützte Selbstbestimmung: Wahlmöglichkeiten in Krisenzeiten

Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Pferdegestützten Therapie sowie zahlreiche andere theoretische und praktische Inputs aus der Therapiearbeit mit Schafen, Kaninchen, Katzen und Hunden stehen im Fokus der Fortbildung „Tiergestützte Selbstbestimmung: Wahlmöglichkeiten in Krisenzeiten“ am Lichtblickhof Wien.

Angesprochen sind Therapeut:innen (auch ohne eigenen Pferd), die im tiergestützten Setting arbeiten, aber auch Freizeit-Reiter:innen und Menschen, die an einer guten Mensch-Tier-Beziehung interessiert sind.

Infos
Datum: 4. – 6. April 2025
Ort: Lichtblickhof, 1140 Wien

Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es hier.