EM Riesenbeck

Gold für von Bredow-Werndl und Dalera, Einerwechsel als Stolperstein für Max-Theurer und Bacher

Ein Artikel von Ernst Kopica | 08.09.2023 - 18:45
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Sie waren klar die Besten am heutigen Tag: Jessica von Bredow-Werndl und Dalera sicherten sich im heutigen EM-Spécial Gold mit einem neuen Personal Best.
© � FEI/Leanjo de Koster

Bei den beiden Österreichern merkte man in der ersten von zwei EM-Einzelentscheidungen die Strapazen und Anspannungen der letzten Tage doch an. Was aber auch verständlich war, denn die Olympiaqualifikation kostete Kraft, nicht nur körperlich, sondern auch mental. Und die Hitze des Stadions spielte den beiden Pferden auch nicht in die Karten. Für Bachers Fidertraum gab es die erste Aufregung bereits in der Trabtraversale, als ihn etwas irritierte und für eine Schrecksekunde sorgte: „Es ist ein Schmetterling auf seine Nase geflogen, den wollte er mit dem Fuß weg machen.“ Im Anschluss brillierten die beiden mit super gerittenen Piaffen, leider klappten danach die 15 Galoppwechsel von Sprung zu Sprung auf der Diagonalen so gar nicht, was wertvolle Punkte kostete und eine Kürteilnahme in die Ferne rücken ließ. Aber Bacher zog sein Programm durch und kam am Ende dennoch auf 71,520 %.

In der Mixed Zone war ihm bereits klar, dass dies sein letzter Auftritt in Riesenbeck gewesen ist: „Eigentlich hat er sich super angefühlt, fast noch besser als gestern. Ich dachte nicht, dass er einen Fehler machen würde. In der entscheidenden Situation hat er vielleicht von hinten etwas gehört, da hat er Gas gegeben und dann waren die Einer kaputt. Ich habe es zwar versucht noch ordentlich heim zu reiten, aber die Fehler waren zu teuer.“

Dennoch überwiegt bei ihm natürlich immer noch die positive Stimmung nach dem Traumresultat der Mannschaft: „Wir waren echt froh, dass wir uns als Team so gut präsentiert haben, jeder über 70 % und dass wir die Qualifikation geschafft haben. Jetzt haben wir sie in der Tasche und jeder wird sein Pferd individuell vorbereiten. Und nächstes Jahr geht es sowieso wieder in eine Ausscheidung um die Startplätze!“ Für die heurige Saison hat Bacher keine großen Pläne mehr: „Fidertraum muss fit und happy bleiben, daher wird er erst im nächsten Jahr wieder starten!“

Nicht nur für Bacher, auch für Victoria Max-Theurer sollten die Einerwechsel zur Schlüssellektion dieser Prüfung werden. Dabei hatte es bei ihr noch besser begonnen als bei ihrem Mannschaftskollegen. Abegglen konnte sich wunderbar präsentieren, füllte den Rahmen aus und man konnte hoffen, dass Vici nach der WM 2014 in Frankreich endlich wieder in einem Kürfinale zu sehen sein würde. Aber auch da passierte das Malheur auf der Diagonalen! Dazu kamen noch deutliche Punkteabzüge im Schritt, sodass das Paar knapp an der Kürqualifikation vorbeischrammte, zum Schluss fehlten nur zwei Plätze!

„Ich bin dennoch sehr happy! Man merkte vielleicht, dass ihm ein wenig die Kraft ausgegangen ist, was sich vielleicht auch beim Fehler in den Einerwechseln zeigte. Er hat sich aber besonders zu Beginn total gut präsentiert, im Schritt muss er natürlich noch ein wenig mehr loslassen, denn er hat eigentlich einen guten Schritt. Aber er kommt noch nicht so richtig zum durchzuatmen dazwischen, daran werden wir aber arbeiten.“

Die Mannschaft zelebrierte am Vorabend ihren siebten EM-Rang dezent mit einem Drink und einem gemeinsamen Abendessen. Diesen Teamspirit streichen alle Reiter immer wieder hervor. „Jetzt ist der Herbst für uns auch ein wenig entspannter, denn wir haben unser Jahresziel schon erreicht,“ meinte Vici im Interview. „Ich bin natürlich sehr stolz, dass wir die Olympiaqualifikation geschafft haben, das wären in Paris dann meine fünften Olympischen Spiele.“ Qualifiziert hat sich die Achleitnerin übrigens bereits sechs Mal, doch in Tokio 2021 vereitelten gesundheitliche  Probleme ihres Abegglen einen Start,

Auf die Frage nach dem Geheimnis ihrer mittlerweile fast 20-jährigen Karriere, wurde Vici emotional: „Besonders dankbar bin ich meinem Vater, dass er mich ausgebildet und trainiert hat. Und natürlich auch meiner Mutter, denn ich bekam von meinen Eltern die Möglichkeiten für so eine sportliche Karriere. Die zweite Sache ist die, dass man einfach dran bleiben muss und Durchhaltevermögen gefragt ist. Ich hatte auch das Glück, dass mich unterschiedliche Pferde begleiten durften, was mit Sicherheit Erfahrung schafft: Verschiedene Typen, verschiedene Situationen, verschiedene Championatsplätze. Ein ganz wichtiger Punkt ist aber auch Selbstreflexion und Selbstkritik, selbstverständlich auch die Liebe zu Sport und vor allem ein gutes Team. Das ist bei mir vor allem meine Familie, Stefan, Isabell – das gibt viel Kraft und Rückhalt.“

Die Schlussworte fand sie aber für ihren Sportpartner Abegglen: „Er hat so unglaublich viel Potential, aber er ist ein sehr besonderes, sehr sensibles Pferd. Und er hat sein Bestes gegeben. Wir fahren mit einem guten Gefühl nach Hause.“

Dalera und Jessy in einer eigenen Liga

Der Medaillenkampf wartete dann mit Dressur vom Feinsten auf. Hatte man im Vorfeld ein Duell zwischen der Deutschen von Bredow-Werndl (Dalera) und der Britin Charlotte Fry (Glamourdale) erwartet, so hielt sich das Drehbuch dieses Grand Prix Spécial so gar nicht an diese Vorlage. Denn obwohl Glamourdale heute doch mehr beeindrucken konnte als noch in der Teamentscheidung, dass er und seine Reiterin hier ohne Medaille bleiben sollten, hatte keiner gedacht.

Um den Sieg gab es allerdings nie eine Diskussion, denn selbst nicht perfekte Zweierwechsel und eine wacklige Grußaufstellung konnten das neue „personal best“ von Dalera BB (85,593 %) nicht verhindern, die hier in einer eigenen Liga ritt. Und die Silbermedaille ging auch an keine der Ladies aus dem britischen Goldteam, sondern an die Dänin Nanna Skodborg Merrald und ihren Zepter, die als letztes Paar noch Charlotte Dujardin (Imhotep) auf Platz drei verdrängen konnten.

Alle Ergebnisse im Detail gibt's hier.