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Sehen Stuten das Leben ihrer ungeborenen Fohlen durch den heimischen Hengst bedroht, können sie selbst eine Fehlgebrut einleiten. © Alphabetta

Stuten können unerwünschte Fohlen selbst abtreiben

Ein Artikel von Pamela Sladky | 04.04.2011 - 10:58
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Sehen Stuten das Leben ihrer ungeborenen Fohlen durch den heimischen Hengst bedroht, können sie selbst eine Fehlgebrut einleiten. © Alphabetta

Wie BBC News berichtet, haben Wissenschaftler im Rahmen einer Studie des Institute of Animal Science in Tschechien herausgefunden, dass sich Stuten, die von einem fremden Hengst gedeckt wurden, nach ihrer Heimkehr auffallend oft mit einem „heimatlichen“ Hengst paaren, wodurch Verwirrung über die Herkunft des Nachwuchses entsteht. Misslingt die Paarung, zeigen diese Stuten erstaunlich oft eine Fehlgeburt. Dieser Umstand legt die Vermutung nahe, dass Stuten in der Lage sind, ihre Schwangerschaft bewusst abzubrechen. Welchem Mechanismus sie sich dabei bedienen ist derzeit unbekannt.

Dieses merkwürdige Verhalten hat laut Untersuchungsleiter Ludek Bartos seinen Ursprung vermutlich in der Angst vor der Tötung des „fremden“ Fohlens durch den heimatlichen Hengst, denn wie viele andere männliche Tiere auch, töten Hengste nicht selten die Jungen von konkurrierenden Männchen, um ihre Dominanz zu demonstrieren.

Mögliche Ursache für hohe Fehlgeburtenrate bei Fremdbedeckungen

Diese Theorie erklärt möglicherweise auch, warum es bei Fremdbedeckungen nach wie vor zu einem relativ hohen Prozentsatz an Fehlgeburten kommt. In einer Umfrage, die Dr. Bartos und seine Kollegen im Rahmen der Studie durchführten, bestätigten Pferdezüchter, dass beinahe jede dritte Stute nach einer Bedeckung außerhalb ihrer Bezugsgruppe das Fohlen verlor. „Dagegen hatte keine der Stuten, die von einem Hengst aus dem Heimatstall gedeckt wurde, eine Fehlgeburt“, so Dr. Bartos gegenüber den BBC News. Ausschlaggebend dafür sei vor allem, ob die Stute in näherer Umgebung zu einem Hengst lebe, oder nicht.

Auch Zebras können "abtreiben"

Laut Bartos ist das kein Zufall, auch wenn noch nicht ganz klar ist, wie genau die Stuten es schaffen, ihre Schwangerschaft abzubrechen. Die vollständigen Ergebnisse der Studie wurden in der wissenschaftlichen Zeitschrift Behavorial Ecology en Sociobiology veröffentlicht.

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Auch Zebras können sich des Abtreibungsmechanismus bedienen. © Jon Mountjoy

Schon in einer früheren Studie hatte Bartos entdeckt, dass sich die Zahl an Fehlgeburten bei Zebras in Zoos auffällig häuften, wenn ein neues Männchen in die Gruppe eingegliedert wird. Er vermutet, dass Zebras und domestizierte Stuten dieselbe Strategie anwenden und „abtreiben“, um eine Tötung der Jungtiere durch die heimischen Männchen zu verhindern. So ersparen sie sich selbst den „unnötigen Energieaufwand“, den eine Geburt fordert.

Eine natürliche chemisch ausgelöste Abtreibung ist in der Natur ein wohlbekanntes Phänomen. Sie wird als „Bruce Effekt“ bezeichnet und wurde hauptsächlich bei Nagetieren erforscht, wo der Geruch des Urins eines männlichen Tieres eine Fehlgeburt bei einem schwangeren Weibchen auslösen kann.

Obwohl der Mechanismus hinter den Fehlgeburten bei Pferden derzeit noch nicht bekannt ist, haben laut Dr. Bartos die Ergebnisse eine eindeutige Botschaft für die Pferdezüchter. „Die Praktiken, bei denen Stuten für die Paarung oder eine künstliche Befruchtung mit Samen eines fremden Hengstes transportiert werden, sind falsch”, erklärt der Studienleiter. “Dies könnte durchaus der Grund für den hohen Prozentsatz von Fehlgeburten bei domestizierten Pferden sein.”