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Werden Stuten während ihrer Trächtigkeit zusammen mit männlichen Tieren gehalten, kommt es deutlich seltener zum Abort. © www.slawik.com

Stuten treiben Fohlen zum Schutz vor Hengstübergriffen selbst ab

Ein Artikel von Pamela Sladky | 23.05.2016 - 11:54
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Werden Stuten während ihrer Trächtigkeit zusammen mit männlichen Tieren gehalten, kommt es deutlich seltener zum Abort. © www.slawik.com

Bereits vor einigen Jahren fanden tschechische Wissenschaftler heraus, dass sich Stuten, die von einem fremden Hengst gedeckt werden, nach ihrer Heimkehr auffallend oft mit dem „heimatlichen“ Hengst paaren. Dieses Vorgehen soll Verwirrung über die Herkunft des Nachwuchses stiften. Misslingt die Paarung, haben diese Stuten häufig eine Fehlgeburt was die Vermutung nahe legt, dass Stuten in der Lage sind, ihre Schwangerschaft bewusst abzubrechen.

Als Ursache für dieses Verhalten vermuten die Forscher die Angst der Stute, dass ihr „fremdes“ Fohlen durch den heimatlichen Hengst nicht akzeptiert und getötet werden könnte. In Folge produziert der Körper der Mutterstute eine starke Stressreaktion, die schließlich zum Abort führt.

Das Töten von Nachkommen konkurrierender Männchen ist in freier Wildbahn bei vielen Tierarten verbreitet. Auch beim Pferd konnte der Infantizid bereits mehrfach beobachtet werden. Durch das Töten des fremden Fohlens demonstriert der Stammhengst seine Dominanz, gleichzeitig sichert er so den Fortbestand seiner Gene.

Haltung entscheidend für Zuchterfolg

In einer neueren Studie (Pregnancy disruption in artificially inseminated domestic horse mares as a counterstrategy against potential infanticide.) fanden Prof. Ludek Bartos und seine Kollegen von der Universität in Prag nun heraus, dass Stuten häufiger ihr Fohlen verlieren, wenn sie vom heimatlichen Hengst durch einen Zaun getrennt sind. Offenbar sehen Stuten diesen nicht als ausreichenden Schutz für ihr Fohlen an. In 54 Prozent der Fälle kam es während der Studie bei getrennter Haltung zum Abort. Wurden die Stuten nach der Fremdbedeckung hingegen zusammen mit dem heimatlichen Hengst gehalten, kam es nur noch in 22 Prozent der Fälle zum Verlust des Fohlens. Bei Stuten, die von einem Hengst aus dem Heimatstall gedeckt wurden, gab es übrigens keinerlei Aborte.

Dieses Phänomen konnte sogar im Zusammenhang mit Wallachen beobachtet werden. Offenbar können auch sie von einer tragenden Stute als potenzielle Bedrohung angesehen werden, weshalb Prof. Bartos rät, Stuten nach einer Fremdbedeckung bis zum Zeitpunkt der Geburt außerhalb der Sicht- und Hörweite von Hengsten und/oder Wallachen unterzubringen. Durch diese Maßnahme könne den Erfolg der Geburt entscheidend beeinflusst werden.  

Einen deutlich geringeren Einfluss nahm die Unterbringung der Stute in der Versuchsreihe, wenn diese zuvor bereits mehrere gesunde Fohlen zu Welt gebracht hatte. „Für die Stute ist es möglicherweise vorteilhafter, eine Verletzung zu vermeiden, die sie sich beim Versuch, ihr Fohlen vor dem Hengst zu beschützen, zuziehen könnte. Die Trächtigkeit kann sie dank ihrer Jugend und der damit verbundenen höheren Fruchtbarkeit leichter ersetzen als eine ältere Stute, die nicht mehr so leicht trächtig wird. Die Stute entscheidet sich in diesem Fall für das geringere Übel.“

Ist eine gänzlich abgeschirmte Haltung von männlichen Artgenossen nicht möglich, könne das Risiko einer Fehlgeburt um das Achtfache reduziert werden, wenn die Stute zusammen mit Hengst oder Wallach gehalten würde, anstatt sie durch einen Zaun räumlich von ihnen zu trennen, erklärt Prof. Bartos. “Dieses Vorgehen steht möglicherweise im völligen Kontrast dazu, was so mancher intuitiv tun würde. Häufig hoffen Besitzer ihrer trächtigen Stute ein Maximum an Sicherheit und Ruhe zu bieten, wenn sie sie getrennt von männlichen Artgenossen in einem separaten Paddock halten. Tatsächlich ist dies jedoch die gefährlichste Option", so der Ethologe.

Quelle

ps