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Der Chip wird gesetzt: Der Transponderinjektor nach Hüther erlaubt eine problemlose und schmerzfreie Injektion. © Planet ID

Ein Chip wird kommen

Ein Artikel von Eva Morawetz | 17.12.2010 - 11:18
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Der Chip wird gesetzt: Der Transponderinjektor nach Hüther erlaubt eine problemlose und schmerzfreie Injektion. © Planet ID

Zudem ist es derzeit ohne weiteres möglich, für ein und dasselbe Pferd mehrere Pässe ausfertigen zu lassen. Solange unterschiedliche Stellen dieses Dokument ausstellen dürfen und am Pferd selbst nicht erkennbar ist, ob für dieses Tier schon einmal ein Pass ausgestellt wurde, sind Mehrfachausstellungen, Manipulationen und Betrügereien Tür und Tor geöffnet. Brisant wird dieser Zustand vor allem unter zwei Aspekten: die Gesundheit der Pferde selbst und die Gesundheit der Verbraucher (von Pferdefleisch). Seitens der zuständigen Behörden ist man seit Jahren bemüht, ein Identifikationssystem zu erarbeiten, das die Missbrauchsmöglichkeiten minimiert und die Sicherheit erhöht. Eine diesbezügliche Verordnung ist in Vorbereitung und sollte heuer beschlossen werden. Sollte, denn es gibt immer wieder neue Diskussionen und Beratungen, obwohl die wesentlichen Punkte eigentlich feststehen. Ob die Verordnung tatsächlich wie geplant mit 1. Jänner 2007 in Kraft treten wird, ist daher zur Zeit noch offen.

Die geplante Verordnung

Worauf müssen sich mit dem Pferdesport und der Pferdezucht befasste Organisationen einstellen? Dr. Kai-Uwe Sprenger von der Europäischen Kommission, Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz, Abteilung Tiergesundheit, umreißt die wesentlichen Punkte: „Kernpunkt der derzeit in Bearbeitung befindlichen Verordnung ist, dass jedes Pferd, unabhängig davon, ob es irgendwohin verbracht wird, identifiziert werden soll. In Zukunft soll außerdem mit der Ausstellung des Pferdepasses ein Chip gesetzt werden. Vor Ausstellung eines Passes wird geprüft, ob bereits ein Chip vorhanden ist. Ist dies der Fall, kann kein weiterer Pass ausgestellt werden. Diese Vorgangsweise ist auch vor dem Hintergrund der Verwendung von bestimmten Arzneimitteln zur Pferdebehandlung zu sehen, die ja ein nicht unerheblicher Grund für die Einführung eines Passes für alle Pferde war. Deswegen hat der Pass eine große Bedeutung: einmal zur Identifizierung des Tieres überhaupt, und dann als Dokument der Zueignung eines Tieres zur Fleischgewinnung oder eben des Ausschlusses davon. Der Pferdehalter ist dank dieser Zueignung in der Lage, für die tierärztliche Behandlung seines Pferdes auch Medikamente in Anspruch zu nehmen, die nicht für lebensmittelproduzierende Tiere zugelassen sind. Nur muss er dann sein Tier konsequenterweise von der Lebensmittelkette ausschließen bzw. bei bestimmten Medikamenten eine sechsmonatige Wartezeit einhalten. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist im Zusammenhang mit dem Seuchengeschehen in Europa zu sehen. Mit der Osterweiterung rückt Europa näher an Gebiete heran, in denen das Pferd noch stark wirtschaftlich genutzt wird und deshalb bestimmte Pferdekrankheiten nicht mit der in Westeuropa üblichen Konsequenz bekämpft werden konnten. Deswegen ist es sicher sinnvoll, wenn wir bei den Pferden ein funktionierendes Identifizierungssystem haben, bevor eine Seuche um sich greift.“ Deshalb wäre geplant gewesen, dass alle ab 1. Jänner 2007 geborenen Pferde mit Pferdepass und Chip ausgestattet werden, dessen Code sich auch im Pferdepass findet. Chipcode und Passdaten müssen in einer Datenbank gekoppelt sein.

Wann kommt er nun?

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Chip & Pferdepaß gehören in Zukunft zusammen, der Chipcode wird mittels eines Klebeetiketts in das Identifikationsdokument eingeklebt.

Tatsächlich spricht wenig bis nichts gegen eine baldige Einführung des Chips für alle Pferde und vieles dafür. Warum aber ziert man sich seitens der EU noch immer bei der Verabschiedung der Verordnung? DI Josef Wiesböck, Lebensministerium, Abteilung III/5, Tierschutz und Tierhaltung, verantwortlich für EU-Tierzuchtfragen und gemeinsam mit einem Ländervertreter Sprecher für Österreich in EU-Tierzuchtfragen, wagt einen Erklärungsversuch: „Diesen Entwurf diskutieren wir in Brüssel schon seit drei oder vier Jahren. Letzte Mitteilung vom März dieses Jahres: Es gibt noch immer interne Auffassungsunterschiede in der Kommission. Die Ursache für die Differenzen ist in einem Spezifikum des Pferdegesundheits- und des Pferdezuchtrechtes begründet: Nach Auffassung der Kommission ist der Pferdepass primär ein Identifikationsdokument im Rahmen der tierseuchenrechtlichen Vorschriften über das Verbringen von Equiden in der EU. Gleichzeitig ist jedoch für registrierte Equiden die Ausstellung nach dem derzeitigen EU-Recht auch durch Zucht- und Sportorganisationen zulässig. D. h. den Identifikationsteil erledigt für registrierte Equiden eine Zuchtorganisation, oder in wenigen Ausnahmen eine Sportorganisation, und der tatsächlich veterinärmedizinische Teil – d. h. die Identifizierung von nicht-registrierten Equiden, die tierseuchenrechtliche Handhabung des Passes und die Registrierung der Verabreichung von bestimmten Medikamenten und die Spezifikation ,zur Lebensmittelgewinnung geeignet oder nicht‘ – obliegen den Veterinärbehörden bzw. dem Tierarzt. Das Problem liegt in dieser geteilten Zuständigkeit – bis hin zur Frage der tatsächlich zuständigen Organisation für die Ausstellung bei grenzüberschreitend tätigen Zucht- oder Sportorganisationen – wie z. B. im Fall des Trakehner Zuchtverbandes, der auch in Österreich zugelassen ist: Obliegt nun die Erstkennzeichnung eines in Österreich geborenen Fohlens dem in Deutschland ansässigen Verband, oder den nationalen Tierzucht- bzw. Veterinärorganisationen? Und in welcher Datenbank werden die Daten des Tieres gespeichert?“ So weit die offizielle Begründung für die schwere Geburt. Zwischen den Zeilen und hinter vorgehaltener Hand lässt man aber auch anklingen, dass es im Hintergrund offenbar noch immer Interventionen und Diskussionen über die Art der Kennzeichnung gibt. Ist der Kuchen – im Vergleich mit den landwirtschaftlichen Nutztieren – auch klein, so wollen doch manche am liebsten exklusiv dran naschen oder zumindest eine große Portion davon abbekommen. Nach außen aber wird der Chip – der injizierte Transponderchip nach ISO-Norm 11784/11785 – als Methode der Wahl kommuniziert, und er wird es wohl auch sein. Denn die von den Opponenten favorisierten nichtinvasiven Alternativen wie der Retina- oder Iris-Scan oder die DNA-Analyse scheinen wenig praxistauglich – nicht zuletzt, weil damit die Identifizierung kein wahrnehmbares Merkmal hinterlässt und somit die Doppelausstellung des Passes nicht wirkungsvoll vermieden werden kann. Weniger als Alternative sondern als zusätzliche Absicherung der Identität bzw. der Abstammung wird bereits vielfach routinemäßig eine DNA-Analyse der Tiere durchgeführt, beispielsweise bei allen Lipizzanern des Gestüts Piber. Für eine Kombination beider Methoden sprechen sich auch Experten der VUW aus. Prof. Dr. Christine Aurich: „Mit der DNA-Analyse ist das Pferd zweifelsfrei für alle Zeiten identifiziert. Das geht nur nicht so schnell. Den Chip kann ich sofort ablesen, die Analyse dauert ein paar Tage.“

Alternativen zum Chip

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Der Transponder besteht aus der Antenne und dem Mikrochip, eingebettet in Bioglas. Mit einer Kanüle wird er in den Muskel implantiert. © Planet ID

Der Retina-Scan (Netzhautscan) ist eine Methode der Feststellung der Identität eines Individuums ähnlich der Analyse eines Fingerabdrucks. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts entdeckte man, dass die Venenstruktur der Netzhaut bei jeder Person und bei jedem Auge einzigartig ist. Um diese Struktur erkennen zu können, muss die untersuchte Person (oder das Tier) in eine fernrohrartige Vorrichtung blicken und ihren Blick auf einen bestimmten Punkt fokussieren. Das Auge wird mit Infrarot- Licht bestrahlt, das von den photorezeptiven Strukturen des Auges reflektiert wird. Die entstehende Reflexion erzeugt ein Bild der Blutgefäße der Netzhaut. Netzhautscanner sind sehr zuverlässig, jedoch funktionieren sie in manchen Fällen überhaupt nicht, beispielsweise wenn der Untersuchte ganz oder zum Teil blind ist oder etwa bei Linsentrübungen. Die Prozedur ist zudem etwas aufwendig und bedingt vor allem, daß die gewonnenen Bilder in einer zentralen Datenbank gespeichert werden, aus der sie dann überall abgerufen werden können. Schwer vorstellbar, dass sich das Pferd bei einem Turnier, bei einem Grenzübertritt, bei einer tierärztlichen Behandlung im eigenen Stall usw. dieser Analyse willig zur Verfügung stellt, und dass auch das nötige Equipment immer vorhanden ist und korrekt bedient werden kann. Wesentlich einfacher ist es, einen implantierten Chip mittels eines Lesegeräts abzulesen, das kaum größer als eine Zigarettenschachtel sein muss, von jedem bedient werden kann, überall einsatzfähig ist, vergleichsweise wenig kostet (ab 300,– Euro) und mit dem man das untersuchte Tier nicht einmal berühren muss. Bedenkt man Kosten und Nutzen, Praktikabilität und Flexibilität, so führt am implantierten Chip kein Weg vorbei.

Hat der Brand ausgedient?

Die Neuregelung der Pferdekennzeichnung gibt auch Anlass, den Heißbrand wieder einmal zur Diskussion zu stellen. Die EU allerdings sieht keine Unvereinbarkeit bzw. keinen Ersatz des Brandes durch den Chip gegeben. Dr. Kai-Uwe Sprenger: „Das Brandzeichen ist nach wie vor ein Merkmal, mit dessen Hilfe ich ein Tier identifizieren kann und das eindeutig auf einen vorangegangenen Identifizierungvorgang verweist. Bloß: Wenn man das Brandzeichen im Rahmen der Tierschutzdiskussion bisher allein mit der Argumentation legitimiert hat, dass man das Tier ja kennzeichnen muss, hat man mit dem implantierten Chip dieses Argument nicht mehr. Da muss man ehrlicherweise sagen: Wir haben das Brandzeichen ja nicht nur wegen der Kennzeichnung, sondern auch, weil es uns um das Markenzeichen geht, das wir gerne auf unserem Zuchtprodukt haben möchten.“ Derzeit sperren sich die meisten Verbände noch gegen den Verzicht auf den Brand. Und selbst wenn sich ein Zuchtverband einmal zum Nicht-Brennen entschließt, sind es vielfach die Pferdekäufer, die den Brand nachträglich doch noch einfordern. Leopold Weiß, Obergestütsmeister im Lipizzanergestüt in steirischen Piber: „Wir haben vor Jahren einmal versucht, die Pferde, die wir abgeben, nicht zu brennen. Die wurden dann teilweise auf Verlangen der neuen Besitzer nachgebrannt. Der Brand ist ein Markenzeichen – und ein Lipizzaner ohne Piber- Brand ist einfach weniger wert.“ Solange der Züchter und sein Kunde so denken, wird sich daher in Sachen Heißbrand nichts bewegen.

Ist der Chip sicher?

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Injektionsstelle ist die linke Halsseite, ca. zwei Handbreit unterhalb des Atlas und eine Handbreit unterhalb der Mähne. © Daniela Ringbauer

Eine Frage, die im Zusammenhang mit dem Chip immer wieder gestellt wird, ist die nach seiner Sicherheit. Kann ein Chip nachträglich manipuliert, neu codiert oder unlesbar gemacht werden? Laut Aussage von Experten ist so etwas nicht möglich, da der vorgeschriebene Standard, die ISO-Norm 11784/11785, Missbrauch weitestgehend ausschließt. Erlaubt sollen ausschließlich einmal programmierbare Chips sein, die nachträglich nicht mehr verändert werden können. Dr. Sven Hüther, Tierarzt und Managing Director der Planet ID GmbH, seit 1989 intensiv mit der Thematik der Tierkennzeichnung befasst, erklärt dazu einige technische Details: „Der ISO-Standard 11784 und 11785 ist ein sehr enger Standard, aus meiner Sicht einer der besten Standards überhaupt. 11784 ist die Norm, die beschreibt, wie der Transponder codiert werden muss, in jedem einzelnen Bit. D. h. wir haben 64 Bit User-Information, davon ist ein Teil für den Header, das heißt für den Eingang, damit das Lesegerät überhaupt die Kommunikation aufnehmen kann, und ein Teil für den Trailer, das Ende. Und der Teil in der Mitte kann 20 dezimale Zeichen darstellen. Von diesen 20 werden 15 genutzt.“ In der Tierkennzeichnung werden nun diese 15 Stellen so codiert, dass jeder Code nur einmal vergeben wird. Prinzipiell sind dabei derzeit zwei Vorgehensweisen etabliert: Man beginnt mit einem dreistelligen Herstellercode oder einem dreistelligen Ländercode. Oder einer Kombination von beidem. Hüther: „Zum Herstellercode: Wir müssen uns bei einem Testlabor anmelden, schicken Testtransponder ein, diese werden überprüft, und wenn alles ordnungsgemäß ist, bekommen wir eine Zulassung, die mit einem dreistelligen, individuellen Code verbunden ist.“ Verwendet ein Hersteller diesen Herstellercode in seiner Programmierung, haftet er dafür, daß kein Code doppelt vergeben wird. Anders verhält es sich beim sogenannten Ländercode: Hüther: „Es gibt einen Ländercode nach ISONorm, Österreich z. B. wäre 040. Dieser Ländercode kann an Stelle des Herstellercodes genutzt werden, macht aber nur dann Sinn, wenn es in dem betreffenden Land eine nationale Autorität gibt, die die Verantwortung für die Nummernvergabe und die Kontrolle übernimmt.“ Welche der beiden Varianten – Hersteller- oder Ländercode mit den entsprechenden Verantwortlichkeiten und Kontrollen – jeweils zum Tragen kommt, entscheiden die nationalen Behörden, die die EU-Verordnung umsetzen. Im Falle der Pferdekennzeichnung ist dies noch nicht entschieden. Wiesböck: „Erst, wenn es die Verordnung gibt, weiß man, wer zuständig sein wird und wie das konkret gehandhabt wird.“

Verlässlichkeit durch Laserprogrammierung

Als sicherste Programmierung gilt die Laserprogrammierung. Dr. Kai-Uwe Sprenger: „Es ist vorgesehen, dass ISO-konforme Chips eingebaut werden, die eine bei der Produktion mit Laser eingebrannte Nummer haben, die sich im weiteren Geschehen nicht verändern läßt. Man muss wissen, dass in breiten Kreisen der Pferdezucht solche Chips bereits seit Jahren im Einsatz sind, sodass das Interesse groß war, auf europäischer Ebene Standards festzulegen, an die sich in Zukunft alle halten, damit es keine Probleme der Kompatibilität gibt und der eine Verband den Chip des anderen lesen kann.“ Im Unterschied dazu werden OTPs (One Time Programmable), die in der Transponderproduktion ebenfalls verwendet werden, elektronisch programmiert. Man kann sie theoretisch auch nur einmal beschreiben, allerdings nur, wenn sich der Hersteller korrekt verhält. Hüther: „Prinzipiell könnte ein OTP wieder beschrieben werden, deswegen gibt es die sogenannten ICAR-Hersteller wie wir (ICAR = International Committee for Animal Recording), welche die Verantwortung übernommen haben, dass sie selbst diesen Transponder programmieren und codieren. Wesentlich dabei ist, dass man den sogenannten Lock-Befehl ausführt. D. h. man schreibt den 15stelligen Code hinein und sagt dann „absperren“ – und den Schlüssel wirft man weg. Dann kann nichts mehr verändert werden. Führt man den Lock-Befehl nicht aus, dann könnte der Transponder auch später noch auf elektronischem Weg durch Neuprogrammierung verändert werden.“ Sicherer sind daher die laserprogrammierten Chips, und solche werden wohl auch von der EUKommission vorgeschrieben werden. Kann man aber einen einmal implantierten Chip unlesbar machen, durch Magnete oder andere Einwirkung von außen – wie vielfach ebenfalls kolportiert wird? Hüther: „Das ist allenfalls theoretisch möglich, denn die elektromagnetische Strahlung, die ich aufbringen müsste, um den Transponder zu zerstören, würde gleichzeitig dem Tier schwere gesundheitliche Schäden zufügen.“Und kann ein Transponder auf andere Weise, durch mechanische Einwirkung oder einfach durch den Zahn der Zeit Schaden nehmen? Auf die erste Frage antwortet eine Studie der Universität Bern, Klinik für Nutztiere und Pferde, aus dem Jahr 1988, die untersuchte, ob sich implantierte Transponder mit Hilfe unterschiedlicher Zangen zerstören lassen. Es gelang nicht, auch nur einen Chip zu zerquetschen, da die Implantate dem Druck immer auswichen. Hüther: „Ein Transponder, der nach drei Wochen noch funktioniert, funktioniert sein Leben lang. In den ersten drei Wochen wird der Transponder vom Gewebe fixiert, und wenn aus Versehen ein Haarriß im Glas sein sollte – ein äußerst seltener Fall – dann dringt Gewebsflüssigkeit ein, die Makrophagen zerfressen die Bondering- Stellen, wo der Chip mit der Antenne gekoppelt wird – und der Chip funktioniert nicht mehr. Wenn die drei Wochen aber um sind und der Transponder verkapselt ist, dann funktioniert er ein Leben lang, denn das Ding ist ja aktionslos und macht gar nichts. Die Wanderung ist beim Pferd sowieso äußerst minimal, weil man ganz gezielt an einem Punkt in den Muskel hineingeht.“ Dass der Chip problemlos in Applikation und Wirkung ist, bestätigt auch der Tiroler Haflinger Zuchtverband, der seinen Nachwuchs seit dem Jahrgang 1989 mit einem Chip versieht. Probleme gab es nie damit, einzig letztes Jahr sind zwei Chips verschwunden, der eine fand sich im Futterbarren des Pferdes wieder, der andere blieb unauffindbar. Bei korrekter Injektion des Transponders sollte so etwas jedoch nicht passieren – und passiert auch de facto nicht.

Gesundheitlich unbedenklich

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Ablesen des Chips: Im Display wird der 15stellige Code des Chips angezeigt. © Daniela Ringbauer

Transponder sind auch gesundheitlich völlig unbedenklich. Da in der Tierkennzeichnung ausschließlich sogenannte passive Transponder verwendet werden, sendet der Chip keine permanenten Funksignale aus, auch enthält er keine Batterie: Passive RFID-Transponder beziehen die Energie zur Übermittlung ihres Codes aus den empfangenen Funkwellen zum Zeitpunkt der Ablesung – und nur dann senden sie auch. Die Eisenkernantenne und der Mikrochip aus Silizium sind in einer 12 mm langen und 2,12 mm starken Kapsel aus Bioglas eingebettet, das inert und gewebeverträglich ist. Weder bei Röntgenuntersuchungen, noch beim Ultraschall oder einer Magnetwellentherapie verursacht der Transponder Probleme oder Störungen. Einen heiklen Punkt gibt es jedoch, und das ist die Injektion des Chips. Prinzipiell gibt es beim Pferd zwei offizielle Injektionsstellen: erstens die linke Halsseite, zwei Handbreit unterhalb des Atlas (oberster Halswirbel), eine Handbreit unterhalb der Mähne; die zweite Applikationsmöglichkeit, die in Frankreich und in der Schweiz empfohlen wird, ist die in das lange Nackenband. Hüther: „Das Nackenband wäre aus meiner Sicht, wenn die Injektion richtig durchgeführt wird, die weitaus beste Stelle, denn das lange Nackenband wird bei einer Schlachtung entfernt. Die Applikation in den Hals ist deswegen nicht so gut, weil dann der Transponder möglicherweise im Verzehr landet.“ Dafür, dass der Transponder nicht am Teller oder im Hamburger landet, ist letztlich der Schlachtbetrieb bzw. der dort kontrollierende Tierarzt zuständig. Und je etablierter der Transponder ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass er rechtzeitig gefunden und entsprechend entsorgt wird. Abschließend zu allem Für und Wider den Chip im Pferd meint Dr. Kai-Uwe Sprenger: „Bei allen Diskussionen zur elektronischen Kennzeichnung ist es sicher sinnvoll, stets im Auge zu behalten, dass erstens sich die Technik weltweit seit Jahren und nicht nur bei Pferden in Anwendung befindet (allein 500.000 gechippte Pferde in Frankreich), zweitens kein anderes praxisreifes Verfahren gegenwärtig in ähnlicher Weise geeignet ist, betrügerischer Doppelausstellung von Pässen zu begegnen und drittens wir, wenn wir immer auf die 100 % vollkommene technische Lösung warteten, immer noch mit dem Faustkeil dasäßen.“ Und damit hat er wohl recht.

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Dieser Artikel ist erstmals in der Ausgabe 5/2006 der Pferderevue erschienen. Pferderevue AbonnentInnen können ihn zusammen mit über 40.000 weiteren in unserem Online-Archiv kostenlos nachlesen. Einfach unter Service/Online-Archiv einloggen und in allen Heften aus 25 Jahren Pferderevue zum Nulltarif blättern!

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