Eine alte Reiterweisheit lautet: Das Pferd vor dem Reiten zu putzen, dient nicht nur der Pflege, sondern auch der Kontrolle auf Verletzungen und dem Aufwärmen des Reiters. Aber das tägliche Putzritual kann sogar noch mehr! Wie das klassische Striegeln und Bürsten zur Meditation fürs Pferd wird und über welche Akupressurpunkte und Energiebahnen wir es schon vor dem Training aktivieren und lösen können, wollen wir Ihnen hier veranschaulichen. Tierenergetikerin und -psychologin Isabel Fiala erklärt außerdem, warum ätherische Öle einen fixen Platz in der Putzkiste bekommen sollten und was Low Level Laser bewirken können.
Putzen als Einstimmungsritual
Warum lieben schon die kleinsten Reitanfänger:innen das Putzen manchmal mehr als das Reiten? Weil es Zeit gewährt für einen innigen Kontakt zum Pferd, für das ein oder andere zugesteckte Leckerli und für gemeinsames Kuscheln. Später im Reiter:innenleben putzen wir leider oft nicht mehr mit so viel Hingabe und Muße. Sollten wir aber! Denn das praktischerweise bestens im Stallalltag etablierte Zeitfenster für die Pferdepflege lässt sich ganz einfach zum Wohlfühlritual für Pferd und Mensch gestalten. Gehen wir achtsam heran, verschwinden mit jedem Kardätschenstrich Stress und kreisende Gedanken, die wir mit in den Stall gebracht haben. Wir lockern unseren Körper und kommen dabei innerlich im Moment mit dem Pferd an. Diesem soll das Pflegeritual ebenso eine Einstimmung ermöglichen und seine Aufmerksamkeit nach innen, auf seinen eigenen Körper, und auf uns lenken. Genau diesen Fokus wünschen wir uns schließlich auch fürs Training danach.
Massagen: Meditation und Anregung
Meistens beginnen wir unser Putzritual mit klassischem Striegeln und Bürsten. Wir alle haben gelernt: Zuerst mit dem Striegel kräftig im Kreis, dann mit der Kardätsche mit dem Fellstrich bürsten. Diese Kombination aus kreisenden und ausstreichenden Bewegungen findet sich auch in vielen Massagetechniken und sorgt für eine angenehme Lockerung des Gewebes und Aktivierung des Stoffwechsels und der Durchblutung. Streicht man nach dem Putzen noch einmal mit den Händen über den ganzen Pferdekörper, wird die Kontaktaufnahme zum Pferd noch direkter. Vertrauen Sie Ihren Händen und Ihrem Gefühl – Sie werden spüren, wo Ihre Berührungen dem Pferd angenehm sind, und wo welches Maß an Druck passt. Diese einfache Massage kann richtiggehend meditativ wirken, sowohl für Reiter:in als auch Pferd. Die Berührungen an allen Körperstellen bringen die Aufmerksamkeit des Pferdes nach innen, es konzentriert sich auf seinen Körper und den Menschen an seiner Seite und lässt sich im besten Fall ganz auf das Erlebnis ein.
Ein ruhiger Putzplatz, an dem das Pferd sich wohlfühlt, ist dabei Voraussetzung, genauso wie die Beachtung seiner Vorlieben: Findet es unsere Massage zu intensiv, kitzelt es unser leichter Bürstenstrich oder berühren wir es an Stellen, wo es nicht berührt werden möchte, dann wird aus dem Putzen keine positive Einstimmung auf die kommende Arbeit. Für die „Zicken“ unter den Pferden gilt: Lässt sich ein Pferd generell nicht gerne putzen, heißt es herausfinden, ob es mit anderen Bürsten, mit langsameren oder flotteren Bürstenstrichen, mit mehr oder weniger Druck oder vielleicht einfach mit mehr Zeit und Geduld geputzt werden möchte. Bleibt der Widerwillen bestehen, können Schmerzen oder überempfindliche, weil (energetisch) blockierte Körperstellen der Grund sein – diese müssen dann unbedingt mit einem Fachmann, einer Fachfrau abgeklärt werden!
Low Level Laser: Zielgenaue Stimulation
Eine besonders sanfte Möglichkeit, Akupunkturpunkte zu stimulieren, sind Low Level Laser (LLL). „Der Laser bewirkt nahezu dasselbe wie eine Akupunkturnadel. Das stark gebündelte Licht geht mit einer bestimmten Wellenlänge in die Zellen und wird über Reizleiter weitergeleitet. Dadurch werden die natürlichen biologischen Prozesse in der Zelle und somit der Selbstheilungsprozess aktiviert. Die herkömmliche Akupunktur kann nur alle fünf bis sieben Tage durchgeführt werden, weil die Wunden durch die Nadelstiche zwischen den Sitzungen verheilen müssen, bei der LLL-Akupunktur sind wesentlich kürzere Abstände möglich. Das ist natürlich speziell bei akuten Krankheiten bzw. Verletzungen ein großer Vorteil“, weiß Fiala.
Schon mit schwachen Lasern, die jede:r Pferdebesitzer:in auch ohne tiermedizinische Ausbildung verwenden darf, lässt sich bei Pferden (und ihren Reiter:innen!) große Wirkung erzielen. Das hat Fiala, ehemals aktive udn sehr erfolgreiche Voltigiererin, am eigenen Leib verspürt. Nach einem Kreuzbandriss und daraus resultierender starker Kniearthrosen half ihr die LLL-Behandlung einiger Arthrose-Punkte so sehr, dass sie wieder schmerzfrei an Wettkämpfen teilnehmen konnte. „Bei meinem WM-Pferd Pink Floyd habe ich zur Unterstützung regelmäßig die Punkte für das Kreuz-Darmbein-Gelenk gelasert und er zeigte mir sofort mit Gähnen, dass es ihm guttat. Bei meinem alten Pony war es die Hüfte, die Probleme machte, und nun geht er nach drei Laserbehandlungen pro Woche sogar wieder aufs Voltigierturnier mit.“
Das Konzept dahinter: Durch die gezielte Stimulation der mit erkrankten Körperteilen korrespondierenden Akupunkturpunkte werden die Selbstheilungskräfte angeregt. So kann ein geschädigtes Gelenk oder ein aus dem Gleichgewicht geratenes inneres Organ wieder besser funktionieren. Nach vielen positiven Erfahrungen empfiehlt Isabel Fiala die LLL-Akupunktur daher besonders als Unterstützung zu anderen Therapien.
Masterson-Methode: Federleichte Berührung
Die energetische Körperarbeitsmethode des US-amerikanischen Pferde-Therapeuten Jim Masterson ist sehr einfach anzuwenden (nähere Infos zum Beispiel im Buch „Körperarbeit für Pferde“). Seine Blasenmeridian-Technik wendet Isabel Fiala besonders gerne bei ihren vierbeinigen Klienten an. Der Blasenmeridian gilt in der TCM als eine der wichtigsten Energiebahnen, weist er doch Verbindungen zu sämtlichen restlichen Meridianen und Organsystemen auf. Beim Pferd verläuft er etwa vier Fingerbreit unterhalb der Oberlinie vom Kopf bis zu den Hinterhufen und lässt theoretisch Rückschlüsse auf Ungleichgewichte im ganzen Körper zu – „für Laien ist es aber schwierig, zuzuordnen, auf welchen Punkt das Pferd gerade reagiert“, weiß Fiala. „Als Faustregel gilt: Ein gesundes, fittes Pferd sollte entlang des Blasenmeridians kaum eine Reaktion zeigen.“
Nach der Masterson-Methode streicht man den Blasenmeridian sehr leicht und langsam, Zentimeter für Zentimeter, mit einem Finger entlang. Dabei behält man das Auge des Pferdes im Blick. Sobald sein Blick weicher wird, sobald das Pferd als Reaktion auf die Berührung blinzelt oder seine Augen ein wenig schließt, verharrt man, ohne jedoch mehr Druck auszuüben, und wartet auf ein Entspannungszeichen: kauen, lecken, manchmal auch ein Gähnen. „Es reicht, wenn man unter dem Finger die Haare spürt, mehr Druck ist nicht nötig“, erklärt die Energetikerin. „Man braucht für diese Methode aber genug Zeit. Mit Eile funktioniert es nicht, und das Pferd muss sich auch auf die Behandlung konzentrieren können.“ Darum gilt es, einen Ort mit entspannter Atmosphäre auszusuchen. Vielleicht zeigt Ihr Pferd Ihnen ja sogar selbst, wo es am liebsten seine Massage genießen möchte.
Ätherische Öle: Entspannung und Linderung
Und was tun, wenn man einen vierbeinigen Hektiker oder Angsthasen sein Eigen nennt, der sich einfach nicht entspannen kann? Die ruhige Atmosphäre, in der das Pferd eine Behandlung auch annehmen und genießen kann, lässt sich zum Beispiel mit Hilfe ätherischer Öle fördern. Ein Klassiker und echtes Allroundtalent ist ätherisches Lavendelöl. Sein Duft wirkt beruhigend und hält nebenbei auch lästige Insekten fern.
Weiters sind verschiedene Ölmischungen erhältlich, die zur Beruhigung oder gegen Beschwerden der Atemwege, der Haut oder des Bewegungsapparats dienen können. „Ätherische Öle wirken beim Pferd auf zwei Arten: Erstens über ihren Geruch, zweitens über die Haut – sie ziehen ein und wirken im Gewebe“, erklärt Fiala, die die Essenzen auch für sich selbst nutzt. „Zur Anwendung am Pferd mische ich ein paar Tropfen der ätherischen Öle mit einem Trägeröl, sodass sie leichter aufzutragen sind. Bei Atemwegspatienten kann man diese Mischung dann zum Beispiel auf die Brust reiben, bei Ekzemern kommen sie direkt auf die Scheuerstellen.“
Wohlbefinden im Auge behalten
Gesundheit und innere Balance des Pferdes rundum im Blick behalten – keine kleine Aufgabe. Manchmal wächst uns Pferdeliebhaber:innen die Verantwortung, die wir für das Wohlbefinden unsere Tiere haben, auch über den Kopf. Wenn die Pferde uns doch nur sagen könnten, was sie brauchen, ob ihnen etwas wehtut, wo wir genauer hinschauen sollten! Wie so oft in der Kommunikation mit ihnen hilft uns auch hier besonders eines: Die innige Verbindung, das Einstimmen auf unseren Partner Pferd. Das tägliche Pflegeritual liefert dafür einen idealen Rahmen und die nötige Zeit. Es bietet eine Gelegenheit, unsere ungestörte Aufmerksamkeit jeden Tag für eine Weile dem Pferd zu widmen, und im Gegenzug von ihm sehr direkt zu erfahren, wo es Unterstützung braucht. Vergessen Sie nicht: Sie kennen Ihr Pferd besser als jeder Tierarzt, jede Chiropraktikerin – Sie können sein Wohlbefinden sehr gut einschätzen, wenn sie bewusst hinsehen. Ungleichgewichte lassen sich oft schon im Anfangsstadium erkennen und beheben, wenn wir täglich Kontakt aufnehmen, uns einstimmen, hinschauen und hinspüren. So bemerken wir auch rechtzeitig, wann ein:e Expert:in zu Rate gezogen werden muss.