Ein Nasenriemen gehört zur Standardausstattung der meisten handelsüblichen Zäume. Er sorgt für eine stabilere Lage des Gebisses und begrenzt das Pferd in seiner Möglichkeit, das Maul zu öffnen. Gerade letzteres veranlasst viele Reiter:innen dazu, das Leder deutlich enger zu verschnallen als vorgeschriebenen.
Das Problem der festgezurrten Nasenriemen beschäftigt die Reiterwelt seit Jahren. Inzwischen haben sich zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten damit beschäftigt. Ihr Grundtenor: Stramme Nasenriemen sind heute eher die Regel denn die Ausnahme und Auslöser für mitunter beträchtliches Pferdeleid.
Was liegt da näher, als den problembehafteten Riemen einfach ganz wegzulassen? Doch so einfach ist die Sache nicht, wie eine Gruppe dänischer und amerikanischer Wissenschaftler:innen herausgefunden hat.
Das Team unter der Leitung von Dr. Mette Uldahl und Dr. Hilary Clayton untersuchte, welche Spuren Gebisse, Nasenriemen, Sporen und Gerten an Pferden hinterlassen. 3000 Turnierpferde unterschiedlicher Disziplinen wurden dazu bei Reitsportveranstaltungen in Dänemark untersucht. Bei neun Prozent der Tiere fanden die Forscher kleine Verletzungen oder Spuren von Blut im Bereich der Maulwinkel.
Wenig überraschend traten diese bei zu engen Nasenriemen deutlich häufiger auf als bei ordnungsgemäß verschnallter Ausrüstung. Für Verwunderung sorgten jedoch die Ergebnisse, wenn der Riemen komplett fehlte. „Pferde, die keinen Nasenriemen trugen hatten deutlich mehr Läsionen an den Maulwinkeln als solche mit locker verschnalltem“, wird Hilary Clayton von der Universität in Michigan auf TheHorse.com zitiert. „Den Nasenriemen komplett zu entfernen hat die Pferde also nicht vor Verletzungen in diesem Bereich geschützt. Häufig wird das Motto ‚weniger ist mehr’ verfolgt. Die Ergebnisse unserer Arbeit können den Ansatz, dass das Reiten ohne Nasenriemen schonender fürs Pferd ist, weil dadurch Verletzungen an den Maulwinkeln verhindert werden, allerdings nicht bestätigen.“
Die fürs Pferd beste Variante scheint demnach der ordnungsgemäß, nach der zwei Finger-Regel verschnallte Nasenriemen zu sein.
Derart angepasst sorgt er nicht nur für eine ruhigere Lage des Mundstücks, sondern auch für eine Entlastung der Kaumuskulatur, die ohne Riemen die reiterliche Zügeleinwirkung alleine ausgleichen muss und damit einer nicht unerheblichen Belastung ausgesetzt ist.
Nasenriemen richtig anpassen
Die Zwei-Finger-Regel besagt, dass zwei aufgestellte Finger zwischen Nasenrücken und Nasenriemen passen müssen, nur dann ist der Riemen nicht zu eng verschnallt. Beides gilt auch für die Verschnallung und Überprüfung des Hannoverschen Reithalfters. Völlig sinnlos ist der Zwei-Finger-Check seitlich am Pferdekopf. Messungen haben gezeigt, dass man selbst bei maximal angezogenem Nasenriemen mühelos drei Finger einer Hand seitlich zwischen Leder und Pferdekopf einführen kann, während am Nasenrücken nicht einmal mehr ein Löschblatt unter den Zaum passt.
Die Lage des Nasenriemens richtet sich nach der Art des Reithalfters. Beim Englischen und beim Kombinierten Reithalfter soll der Nasenriemen etwa zwei Finger (abhängig vom Pferdeschädel) unterhalb des Jochbeins auf den weniger druckempfindlichen Knochenpartien waagerecht liegen. Der zum Kombinierten Reithalfter gehörende Sperrriemen darf den Nasenriemen nicht aus der Waagerechten abwärts ziehen. Das Hannoversche Reithalfter darf nicht zu tief sitzen, da das Nasenbein in Richtung Nüstern immer dünner wird und der Riemen sonst die Nüstern einengt und die Atmung behindert. Für das Hannoversche Reithalfter gilt in diesem Fall die Vier-Finger-Regel: Der Nasenriemen sollte in etwa im Abstand von vier Fingern oberhalb des oberen Nüsternrandes liegen.
Wer sichergehen will, dass die Riemen nicht zu eng verschnallt sind, sollte seinem Pferd ein Stück Würfelzucker geben. Dieses misst in der Regel 15 mm und sollte vom Pferd problemlos aufgenommen werden können. Kann die Belohnung nur seitlich ins Maul geschoben werden, ist der Sperr-/Nasenriemen auf jeden Fall zu eng verschnallt.
Dr. Holger Preuschoft vom Institut für Zoologie und Neurobiologie der Ruhr-Universität Bochum geht in seiner Studie zum Thema Nasenriemen in sogar noch einen Schritt weiter: […] Damit ein Pferd wirklich kauen und eine Belohnung aufnehmen kann, muss es seine Schneidezähne mindestens 16 Millimeter auseinander bewegen können. […] Zwischen den Backenzähnen braucht ein Pferd allerdings einen Mindestabstand von 10 mm, um kauen zu können. Dieser Abstand von 10 mm zwischen den vorderen Mahlzähnen entspricht einem Abstand von mindestens 19 mm zwischen den Schneidezähnen. Bei großen Pferdeköpfen sind die Abstände noch etwas größer. […]