Seit Jahren betreibt Veterinärin Karin Schmid aus dem niederösterreichischen Mank ein ZSE-Kotlabor für Pferde. Bei einer kürzlich erfolgten Kotprobenuntersuchung bekam die Tierärztin jedoch ein Ergebnis vor die Linse, das selbst sie in Staunen versetzte. „Neulich hatten wir eine Probe mit 3240 Spulwurmeiern pro Gramm Pferdekot. Das ist der absoluter Laborrekord“, sagt Schmid, die immer noch fassungslos auf ein Bild sieht, das einen Probenausschnitt unter dem Mikroskop zeigt. Die Aufnahme lässt unzählige grüne Kügelchen mit dickem, dunkelgrünem Rand erkennen – alles Spulwurmeier. „Wir haben ja schon viel gesehen, aber das hier hat uns ehrlich schockiert.“
Für den unrühmlichen Rekord hatte ein Minishettyjährling gesorgt, dessen Kot zum ersten Mal auf Parasiten untersucht worden war. Wer denkt, dass es sich dabei um ein vernachlässigtes Jungtier handelt, irrt. „Interessanterweise wurde das Pony nur zwei Monate zuvor mit Moxidectin behandelt.“ Das Shetty wurde also pflichtbewusst entwurmt. Wie kann es da trotzdem zu einem solch katastrophalen Befund kommen? Karin Schmid erklärt: „Moxidectin hat eine kleine Dosisbreite. Das macht die Dosierung bei sehr kleinen Ponys und Fohlen schwierig.“ Davon abgesehen seien viele Spulwürmer gegen die makrozyklischen Laktone, zu denen neben Moxidectin auch der Wirkstoff Ivermectin zählt resistent. „Gerade bei Spulwürmern ist daher eine Wirksamkeitsprobe 14 Tage nach Entwurmung unerlässlich“, so Schmid. Einen weiteren möglichen Grund für eine derart starke Verwurmung bietet auch ein hoher Infektionsdruck in der Herde, etwa weil viele Jungpferde im Stall leben, die von Natur aus große Mengen an Parasiteneiern ausscheiden, und/oder wenn die Hygienemaßnahmen nicht optimal sind.
Risikogruppe Fohlen und Jungpferde
Im ausgewachsenen Zustand können Spulwürmer, die in ihrer Optik etwas an Spaghetti erinnern, dick werden wie ein Bleistift und bis zu 20 cm messen. Ihre über den Kot ausgeschiedenen Eier überdauern in der Umwelt bis zu fünf Jahre - auch ohne Wirt. Fohlen infizieren sich deshalb häufig schon in den ersten Lebenswochen mit Spulwurmeiern. Das Gemeine am Spulwurm: Seine Larven bohren sich im Wirtskörper durch Leber und Lunge und verursachen auf ihrem Weg Entzündungen. Befallene Fohlen und Jährlinge zeigen eine erhöhte Anfälligkeit für Erkrankungen, leiden gehäuft an Husten und/oder Fieber und nehmen schlecht an Gewicht zu. Ein sehr starker Befall mit erwachsenen Spulwürmern im Dünndarm kann zu einem vollständigen Verschluss oder gar zur Zerreißung der Dünndarmwand führen – nicht selten die tödliche Folge von mangelhafter bzw. fehlender Wurmprophylaxe bei Fohlen und Jungpferden.
Besonders perfide: Liegt bereits eine starke Verwurmung vor, ist auch die Behandlung nicht ganz ungefährlich. „In solchen Fällen kann auch die Entwurmung einen tödlichen Darmverschluss verursachen. Daher ist es sehr hilfreich, die EPG (Anm.: die Zahl der Eier pro Gramm Kot) zu bestimmen, um das Risiko besser abschätzen zu können. Wir stimmen unsere Empfehlung zur Wirkstoffwahl auf die Eizahl ab und beraten gegebenenfalls auch zu begleitenden Maßnahmen, um das Risiko möglichst gering zu halten“, beschreibt Schmid das Vorgehen in der Praxis.
Regelmäßige Kontrollen
Damit es gar nicht erst so weit kommt, rät die Veterinärin, Fohlen anfänglich alle sechs Wochen beproben zu lassen. Dieser kurze Abstand ist vor allem dann ratsam, wenn mehrere Jungpferde im Stall leben oder in der Vergangenheit gehäuft Pferdenachwuchs aufgezogen wurde und damit ein hoher Infektionsdruck besteht. Bei geringem Infektionsdruck können die Intervalle entsprechend verlängert werden. Wichtig ist auch eine Wirksamkeitsprobe 14 Tage nach erfolgter Behandlung. So lässt sich zuverlässig feststellen, ob die Entwurmung erfolgreich war.
Als Wirkstoffe eignen sich für den Pferdenachwuchs laut Schmid vor allem Präparate auf Basis von Benzimidazol oder Pyrantel. „Eine Behandlung mit makrozyklischen Laktonen sollte frühestens mit sechs Monaten, besser noch mit zwölf Monaten erfolgen, da es bei Fohlen schneller zu Intoxikationen kommen kann.“
Besagtes Minishetty hat die Entwurmung nach seinem Rekordbefall übrigens gut überstanden. In Zukunft wird das Labor von Karin Schmid vermutlich häufiger Kotproben des kleinen Patienten erhalten. Ein Rekordfund reicht.