Forschung

Zeckenspeichel wirksam gegen Hautkrebs bei Pferden

Ein Artikel von Pamela Sladky | 01.07.2020 - 17:38
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Das Equinen Melanom kommt besonders häufig bei Schimmeln vor, die Region rund um den After ist typisch für einen Befall. © www.slawik.com

Bei den meisten Menschen haben Zecken einen schlechten Ruf. Mit ihrem Biss übertragen sie Bakterien und Viren, die ihrem Opfern schwer zusetzen können. Wie im Fall der für Menschen – und bisweilen auch für Pferde – gefährlichen FSME, einer grippeähnlichen Viruserkrankung, die sogar eine Hirnhautentzündung auslösen kann. Rund ein Drittel der heimischen Zecken ist zudem mit Borrelien infiziert, die die hinterhältige und oft nur schwer zu behandelnde Lyme-Borreliose hervorrufen können. Zusammen mit anderen von Zecken übertragenen Krankheiten wie Babesiose, Anaplasmose oder dem Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber sind das mehr als genug Gründe, Zecken nicht zu mögen.

Ana Marisa Chudzinski-Tavassi sieht die sechsbeinigen Spinnentiere mit anderen Augen. Für sie und ihre Kollegen am biomedizinischen Institut Butantan in São Paulo, Brasilien, sind die sechsbeinigen Krabbler – im speziellen Fall die Cayenne-Zecken – absolute Stars. Als man vor rund 15 Jahren die gerinnungshemmende Wirkung im Speichel der in Mittel- und Südamerika beheimateten Zeckenart untersuchte, machte man eine sensationelle Entdeckung: Das darin enthaltene Protein Amblyomin-X erwies sich als wirksam gegen bösartige Krebszellen. Es reduzierte Tumore, ohne normale Zellen zu schädigen.

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Vom Krankheitsüberträger zum Nutztier: Die Cayenne-Zecke trägt den heilsamen Wirkstoff Amblyomin-X in ihrem Speichel. © skeeze | pixabay.com

Versuch an Pferden

Unter der Leitung von Ana Marisa Chudzinski-Tavassi wird Amblyomin-X inzwischen seit mehr als zehn Jahren am Institut Butantan untersucht. Dabei konnte das verblüffende Antitumorpotenzial des Wirkstoffes wiederholt belegt werden. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt nun, dass das Protein auch bei der Behandlung von Hauttumoren beim Pferd wirkt.

Pferdemelanome sind spontane Tumoren. Im Gegensatz zu Hautmelanomen beim Menschen sind sie bei Pferden eingekapselt und lokal begrenzt, was selten zu Metastasen führt. Besonders häufig betroffen sind Schimmel, typische Körperregionen für Melanome sind die Schwanzwurzel, der Bereich rund um den After und die obere Halsgegend.

Sowohl bei Menschen als auch bei Pferden sind diese Tumoren potenziell immunogen, das heißt, sie können eine Immunantwort hervorrufen und damit als Modell für Untersuchungen der Immunmechanismen dienen, die an der durch therapeutische Moleküle induzierten Tumorregression beteiligt sind.

Wirkstoff ließ Tumore schrumpften

Im Zuge der Studie wurde bei fünf Pferden 30 Tage lang Amblyomin-X direkt in Tumorgewebe injiziert. Die Behandlung fand in den Stallungen des Butantan-Instituts statt. Die Pferde wurden während des gesamten Zeitraums mittels klinischer Untersuchungen, Blutuntersuchungen und biochemischer Labortests überwacht.

Die Ergebnisse waren vielversprechend. Kontrolltumoren – also solche, die nicht therapiert wurden – behielten während des Behandlungszeitraumes ihre Form bei und nahmen an Größe zu. Mit Amblyomin-X behandelte Tumoren schrumpften hingegen, in einigen Fällen bildeten sie sich bis zu zwei Monate nach Behandlungsende noch weiter zurück.

Die Therapie verlief ohne jegliche Nebenwirkungen.

Sollte die Forschungsarbeit von Ana Marisa Chudzinski-Tavassi und ihren Kollegen am Institut Butantan in São Paulo weiterhin so erfolgreich verlaufen, könnte der Beliebtheitsgrad der Zecke in Zukunft deutlich steigen. Einen Wirkstoff für den Kampf gegen Krebs zu liefern – das gibt durchaus Punkte auf der Sympathieskala.