Pferde haben einen empfindlichen Verdauungstrakt, der durch eine große Population mikrobieller Organismen maßgeblich beeinflusst wird. Ihre Zusammensetzung hängt stark von der Ernährung ab. Umstellungen in der Fütterungsroutine können gravierende Veränderungen in der Darmflora nach sich ziehen, die nicht selten schwerwiegenden Erkrankungen wie Koliken oder Entzündungen der Darmschleimhaut (Kolitis) zur Folge haben.
Einen solchen gravierenden Einschnitt in der Fütterungsroutine erleben viele Pferde jeden Herbst, wenn die Weidezeit endet. Der Wechsel von eiweißreichem, rohfaserarmen Gras mit hohem Wassergehalt zu trockenem, rohfaserreichem aber eiweißarmem Stallfutter kann das Mikrobiom und damit die Verdauung der Tiere ordentlich durcheinanderbringen.
Hilfe durch Präbiotika
Was in solchen Fällen hilft, ist die Umstellung möglichst behutsam, Schritt für Schritt durchzuführen. Aber auch Pro- und Präbiotika stehen immer wieder als potenzielle Helferlein zur Diskussion.
Während die Vorteile von Präbiotika und Probiotika für die Gesundheit von Menschen und Nutztieren bekannt sind, sind ihre Wirkungen für die Pferdegesundheit weniger gut erforscht. Die Daten, die die Verwendung von Probiotika bei Pferden unterstützen, sind begrenzt. Angesichts der Größe des Verdauungstrakts von Pferden ist es allerdings schwer vorstellbar, dass probiotische (= lebende) Organismen die Passage durch den Magen-Darm-Trakt überstehen und signifikant zum Mikrobiom im Dickdarm beitragen.
Anders sieht die Sache mit Präbiotika aus. Hierbei handelt es sich um unverdauliche Ballaststoffe, die das Wachstum und die Aktivität bestimmter, gesundheitsförderlicher Bakterien im Dickdarm anregen können.
An diesem Punkt kommen unmelassierte Zuckerrübenschnitzel ins Spiel. Das Nebenprodukt der Zuckergewinnung ist in der Pferdefütterung weit verbreitet und hat sich vor allem als schmackhafte Ergänzung für ältere Pferde bewährt, die Schwierigkeiten beim Kauen oder Verdauen von Heu haben und deshalb an Gewicht verlieren. Rübenschnitzel punkten nicht nur durch ihre hohe Verdaulichkeit, sondern auch durch einen hohen Anteil an löslichen Ballaststoffen, allen voran präbiotisch wirkende Pektine.
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Rübenschnitzel: Darmschonendes Saftfutter für Pferde
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Positive Auswirkungen auf die Darmgesundheit
Inwieweit die Fütterung von Rübenschnitzeln Pferde bei der Futterumstellung am Ende der Weidezeit unterstützen können, hat nun eine Studie der Universität von Missouri untersucht.
Sechs gesunde erwachsene Pferde erhielten fünf Tage nach ihrer Aufstallung über zwölf Tage hinweg neben Heu aus Wiesen-Lieschgras (Timotheegras) eingeweichte unmelassierte Zuckerrübenschnitzel. In der Kontrollgruppe mit sechs weiteren Pferden wurde ausschließlich Heu gefüttert.
Die Auswertung der Kotproben, die täglich während der Dauer des Experiments gesammelt wurden, zeigte, dass die Fütterung von Rübenschnitzeln zu einem gesteigerten Vorkommen einiger Bakterien – insbesondere des Bacillota-Stammes – im Darm führte, die wichtig für die Darmgesundheit sind. Frühere Forschungen haben gezeigt, dass bei Pferden mit klinischer Kolitis, Durchfall und anderen Problemen des Verdauungsapparates Bacillota-Bakterien in geringerem Ausmaß vorkommen.
„Wir spekulieren, dass eine Fütterung mit unmelassierten Zuckerrübenschnitzeln oder anderen präbiotischen Quellen das Auftreten unerwünschter Magen-Darm-Erkrankungen bei Pferden verhindern könnte“, schreiben die Forscher:innen der Universität Missouri in ihrer Arbeit.
Obwohl weitere Studien mit einer größeren Anzahl an Pferden notwendig sind, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Ergänzung von Rübenschnitzeln eine sinnvolle Maßnahme zur Verbesserung der Pferdegesundheit sein kann.