Urteil

Unerwartet trächtig: Wem gehört das Fohlen nach dem Verkauf der Stute?

Ein Artikel von Redaktion | 30.09.2024 - 09:40
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Das Eigentum an einem Embryo wird mit dessen Einpflanzung in eine Leihstute rechtlich mit dieser verbunden. (Symbolfoto) © Christiane Slawik, Würzburg, Germany

Ausgangspunkt der Auseinandersetzung war die künstliche Besamung einer Stute, die im Eigentum des Klägers, einem Mann aus dem Münsterland, stand. Weil nicht seine eigene Stute das Fohlen austragen sollte, wurde die befruchtete Eizelle mittels Embryotransfer in eine Leihstute aus dem Besitz einer GbR eingesetzt. Bei der späteren Trächtigkeitsuntersuchung kam der Tierarzt zu der Diagnose, dass die Leihstute nicht tragend und der Embryotransfer gescheitert sei. Der Kläger gab die Leihstute damit unverrichteter Dinge an ihren Eigentümer zurück, der die Stute an eine Frau aus Ostriesland verkaufte. Nach einiger Zeit bemerkte diese zu ihrer Überraschung, dass sie offenbar eine trächtige Stute erworben hatte.  

Als schließlich das Fohlen zur Welt kam und der Kläger davon erfuhr, verlangte er das Fohlen zurück, da es - genetisch - von seiner Stute abstamme. Weil sich die Stutenbesitzerin weigerte, landete der Fall vor Gericht.  

In erster Instanz wurde die Angelegenheit vor dem Landgericht Aurich verhandelt, das entschied, dass das Fohlen der neuen Eigentümerin der Leihstute gehöre. Das Gericht argumentierte, dass das Fohlen rechtlich ein „Erzeugnis“ der gebärenden Stute sei und somit automatisch in den Besitz der Frau übergehe, die die Leihstute gekauft hatte.
 

Fohlen untrennbar mit der Stute verbunden

Damit wollte sich der Kläger allerdings nicht abspeisen lassen. Er legte Berufung ein. Doch der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts wies sie als unbegründet zurück. Er stellte fest, dass der Embryo durch Einpflanzung in eine Leihstute in rechtlicher Hinsicht untrennbar mit der Stute verbunden werde, sodass mit dem Verkauf der Stute auch das Eigentum an dem Embryo und dem später geborenen Hengstfohlen auf den neuen Eigentümer der Stute übergeht. Zwar sei der Kläger zunächst Eigentümer des Embryos gewesen, das nach den Vorschriften des Tierzuchtgesetzes zum Embryonentransfer sonderrechtsfähig sei.

Ab dem Zeitpunkt, in dem der Embryo in die Leihstute eingesetzt und sich dort in die Gebärmutter eingenistet hat, habe er das Eigentum an dem Embryo jedoch verloren. Durch die Einnistung sei der Embryo ein sog. „wesentlicher Bestandteil“ der Leihstute geworden, weshalb der Eigentümer der Leihstute auch das Eigentum an dem Embryo erworben habe. Auf die genetische Abstammung des Fohlens komme es dabei nicht an.