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Sind wieder zurück auf der Straße des Erfolges: Matthias Rath und Totilas © Sportfoto Lafrentz

CDI4* Hagen: Gelungenes Comeback für Totilas, Weltrekord für Dujardin

Ein Artikel von Pamela Sladky | 29.04.2012 - 23:14
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Sind wieder zurück auf der Straße des Erfolges: Matthias Rath und Totilas © Sportfoto Lafrentz

Obwohl das internationale Vier-Sterne-Turnier in Hagen am Teutoburger Wald (GER) mit zahlreichen Dressur-Topstars aufwarten konnte, stand vor allem eine Pferd-Reiter-Paarung im geballten Interesse von Medien, Öffentlichkeit und Reitkonkurrenz: Matthias Alexander Rath und Totilas.

Wie Phoenix aus der Asche kehrte der ehemals als Wunderhengst titulierte Rappe nach achtmonatiger Turnierpause und unzähligen Negativschlagzeilen ins Turniergeschehen zurück. 83,809 Prozent gab es für das Paar im Grand Prix am Samstag, persönliche Bestleistung für Totilas unter Rath. Nach den groben Unstimmigkeiten und Disharmonien zwischen den beiden in den vergangenen Monaten klappt die Kommunikation zwischen Rath und seinem zwölfjähriger Gribaldi-Sohn nun deutlich besser. Die Prüfung verlief ohne grobe Patzer, der Hengst zeigte sich verbessert in den Trabverstärkungen, obwohl die Hinterhandaktion nach wie vor nicht annähernd mit jener der Vorhand gleichziehen kann. Auch in den Wechseln, der bisherigen Angstlektion des neuen Paares, blieb Totilas fehlerfrei und konnte wie gewohnt vor allem in der Piaffe-Passsage-Tour punkten. Da zückte der eine oder andere Richter auch gerne mal die Höchstnote Zehn. Vier der fünf O-Richter sahen das Paar auf Platz eins, nur Dr. Jean-Michel Roudier aus Frankreich wertete Rath und Totilas auf den zweiten Rang.

Sichtlich erleichtert zeigte sich der stark unter Druck gestandene Totilas-Reiter nach seinem Siegesritt. „Wir hatten eine lange Turnierpause seit Rotterdam, in der ja viel diskutiert wurde. Daher bin ich glücklich, dass wir hier zeigen konnten, wie gut der Hengst drauf ist“, sagte er im Anschluss. „Dass wir gleich mit so einem Ergebnis anfangen konnten, ist ein kleiner  Traum." Deutlich befreit wirkte auch der Rest von Team-Totilas, Vater und Trainer Klaus-Martin Rath, Stiefmutter Anne-Katrin Linsenhoff und Mitbesitzer Paul Schockemöhle. In dieser Form ist Matthias Rath und dem wiedererstarkten Hengst ein Olympiaticket für London sicher.

Auf dem zweiten Platz im Qualifikations-Grand-Prix für die Kür am Sonntag landete die britische Mannschaftseuropameisterin Laura Bechtolsheimer mit ihrem 17-jährigen Spitzenpferd Mistral Hojris. Deutschlands neue Shootingstars, Kristina Sprehe und ihr elfjähriger De Niro-Sohn Desperados bestätigten ihre gute Leistung, die sie vor wenigen Wochen in Dortmund gezeigt hatten mit 81,851 Prozent und dem dritten Rang.

Totilas-Triumph auch in der Kür

In der Kür am Sonntag konnten Rath und Totilas hinsichtlich der Wertung noch einmal zulegen. Zu einem Medley des King of Pop, Michael Jackson, präsentierte der Kronberger seine neue Kür. Das Konzept ging auf. Trotz kleiner Wechselfehler und einem deutlich engen Rahmen in den versammelten Galopplektionen gab es von den Richtern 88,025 Prozent und damit nicht nur den Sieg in dieser Prüfung sondern für Matthias Rath auch ein neues persönliches Bestergebnis. Der niederländische Richter Ghislain Fouarge hatte das Paar sogar bei über 91 Prozent gesehen.

Doch der Abstand auf die zweitplatzierten fiel weniger groß aus, als noch im Grand Prix. Die Britin Laura Bechtolsheimer im Sattel von Mistral Hojris blieb mit ihrer um einige technische Schwierigkeiten angereicherte Kür, für die es 87,6 Prozent gab, auf Tuchfühlung. Die Drittplatzierte des Grand Prix, Kristina Sprehe, wiederholte ihre gute Leistung vom Vortag und ritt auch in der Kür auf den hervorragenden dritten Rang. Ihre erste Kürdarbietung auf diesem Niveau wurde von den Richtern mit 83,775 Prozent belohnt. Damit empfiehlt sich die junge Reiterin ein weiteres Mal für die deutsche Olympiamannschaft.

Bitterer Beigeschmack

So sehr die Rückkehr von Superstar Totilas für viele Dressursportfans sicherlich eine große Freude war, so enttäuscht zeigten sich viele von den Bildern, die sich den Zusehern am Samstag auf dem Abreiteplatz boten. Über gute fünfzehn Minuten hinweg zeigte Rath, dass er beim holländischen Teamtrainer Sjef Janssen, der ihn offiziell nach den Olympischen Spielen in London im Training unterstützen wird, schon eine ganze Menge gelernt hat. Und man sah auch, dass die Grenze zwischen der erlaubten LDR (low, deep and round) und der verbotenen Rollkur schwer zu ziehen ist. Im Interview mit der Reiter Revue sagte dazu Trainer Klaus-Martin Rath schlicht: „Dieses Pferd ist sechs Jahre in dieser Art ausgebildet worden. Wenn man so ein Pferd übernimmt, versucht man erst, es in der eigenen Reitweise zu arbeiten, merkt aber schnell, dass dies nicht so einfach funktioniert. Deshalb versuchen wir uns auf das Pferd einzustellen.“ Ziel sei es, die LDR-Phasen nach und nach zu reduzieren.

Die im Internet publik gemachten Bilder der neu-adaptierten Abreitetechnik lösten eine Welle der Empörung aus. Vielleicht ein Grund, warum tags darauf ähnliche Szenen beim Aufwärmtraining vor der Kür nicht mehr zu sehen waren. Trotzdem muss man sich als Freund des Dressursportes angesichts der neuen Trainingsphilosophie im Hause Rath-Linsenhoff und der deutlichen Leistungssteigerung des Paares in den Bewerben die Frage stellen, ob Höchstleistungen in der Dressur heute nur noch durch fragwürdige Methoden erreicht werden können. Dass diese Frage ganz klar mit „nein“ zu beantworten ist, bewies ein anderes Paar während des vergangenen Wochenendes bei Horses & Dreams eindrucksvoll.

Weltrekord für feines Reiten

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Begeistern durch Harmonie und Leichtigkeit: Charlotte Dujardin und Valegro gewinnen den Grand Prix Special von Hagen mit neuem Weltrekord © FEI/Peter Nixon

Die Rede ist von Charlotte Dujardin und dem zehnjährigen KWPN-Wallach Valegro. Die Britin, die als Bereiterin bei ihrem EM-Gold-Teamkollegen Carl Hester arbeitet, bestätigte mit dessen phänomenalen Hengst bereits im freitäglichen Grand Prix - der Qualifikationsprüfung für den Spécial am Samstag – ihre beeindruckende Form und gewann die Prüfung mit 81,426 Prozent und großen Vorsprung auf die Zweitplatzierte Isabell Werth im Sattel von Don Johnson (76,511).

Am Sonntag folgte im Olympischen Grand Prix Spécial dann eine regelrechte Demonstration hervorragenden Dressurreitens. Dujardin präsentierte ihren Valegro in jeder einzelnen Lektion im höchsten Grade durchlässig und zufrieden. Zugleich bewegte sich der Wallach rhythmisch und energisch, der Schwung floss durch den gesamten Pferdekörper, die Bewegungen waren ausdrucksstark und kraftvoll, das Genick blieb stets höchster Punkt. Die junge Britin verstand es den energiegeladenen Wallach mit praktisch unsichtbaren Hilfen durch die Prüfung zu pilotieren, für den grandiosen starken Trab hagelte es Zehnen und auch für die Wechsel, die Piaffen und Passagen zückten die Richter immer wieder die Höchstnote. Nach dem finalen Gruß konnte sich selbst der Platzsprecher nicht mehr halten und dankte Dujardin für die grandiose Darbietung, der auch die rund 5.500 Zuseher mit tosendem Applaus und Standing Ovations Tribut zollten. Mit 88,022 Prozent gewann das Paar verdient diese Prüfung und überbot damit den alten (von Edward Gal und Totilas aufgestellten) Rekord gleich um 1,562 Prozent. Dies ist umso beeindruckender, als dass das Paar durchaus noch Luft nach oben hat. Valegros Passagen waren an diesem Wochenende nicht ganz so kraftvoll, wie man sie schon von ihm zu sehen bekam. Wenn die beiden in der Lage sind auch in dieser Lektion ihre Möglichkeiten voll auszuschöpfen, liegt die Überschreitung der 90-Prozent-Marke durchaus im Bereich des Möglichen.

“Er hat sich absolut fantastisch angefühlt,” freute sich Charlotte Dujardin im Interview mit Horse & Hound, die in Hagen den Olympischen Spécial zum ersten Mal überhaupt mit Valegro geritten war. „Ich bin so dankbar über die Chance ein derart großartiges Pferd reiten zu dürfen – ich bin eines der glücklichsten Mädchen der Welt.“ Doch auch Valegro hat mit seiner Reiterin und seinem Besitzer Carl Hester das große Los gezogen. Trotz des mittlerweile sicherlich in unglaubliche Höhen angestiegenen Wertes des Pferdes darf Valegro – wie auch sein nicht minder talentierter Stallgefährte Uthopia – täglich auf der Koppel einfach nur Pferd sein und schöne Stunden bei Ausritten ins Gelände genießen. Dinge, die für den Großteil der Profi-Dressurpferde völlig undenkbar sind. Das Ergebnis dieser Vorzeigehaltung und pferdegerechten Ausbildung ist ein körperlich und mental ungemein starkes Pferd, das das Zeug dazu hat auch in London ganz groß abzuräumen.

Auf Rang zwei schob sich die Drittplatzierte des Grand Prix, die junge Dänin Anna Kasprzek mit dem 13-jährigen Donnerhall-Sohn Donnperignon, den sie vor wenigen Monaten vom deutschen Dressurreiter Jürgen Koschel übernommen hatte. Auch dieses Paar wusste durch Harmonie und feines Reiten zu überzeugen und wurde mit tollen 79,844 Prozent für die gelungene Darbietung belohnt. Dritte wurde die Deutsche Anabel Balkenhol mit ihrem wieder genesenen Fuchswallach Dablino (78,244).

Super Ergebnisse für Vici Max-Theurer

Bereits im Grand Prix der Kür-Tour hatte es für Victoria Max-Theurer und ihren vierzehnjährigen Hengst Eichendorff mit 72,809 Prozent eine neue persönliche Bestmarke gegeben. In der sonntäglichen Kür konnten die beiden diese Leistung dann noch einmal toppen. 77,925 Punkte und Platz sechs gab es für den gelungenen Ritt und damit einen weiteren persönlichen Highscore für die beiden. „Unsere Vorstellung war richtig gut, sehr ausdrucksstark“, zog Vici zufrieden Bilanz. Trotz der sehr guten Leistung mit Eichendorff bleibt Augustin OLD jedoch die erste Wahl für die Olympischen Spielen in London. Bei den „World Dressage Masters“ (17. bis 20. Mai) in München-Riem will die Oberösterreicherin mit ihrem zwölfjährigen Paradehengst an den Start gehen.

Ergebnis CDI4* Grand Prix Kür

1. Matthias Alexander Rath (GER) - Totilas 13 - 88,025 Prozent
2. Laura Bechtolsheimer (GBR) - Mistral Hojris - 87,600 Prozent
3. Kristina Sprehe (GER) - Desperados 11 - 83,775 Prozent
4. Sidsel Johansen (DEN) - Schianto - 79,375 Prozent
5. Lisbeth Seierskilde (DEN) - Jonstrupgärdens Raneur - 78,450 Prozent
6. Victoria Max-Theurer (AUT) - Eichendorff 10 – 77,925 %

Ergebnis CDI4* Grand Prix – Qualifikation für Grand Prix Kür

1. Matthias Alexander Rath (GER) - Totilas 13 - 83,809 Prozent
2. Laura Bechtolsheimer (GBR) - Mistral Hojris - 82,745 Prozent
3. Kristina Sprehe (GER) - Desperados 11 - 81,851 Prozent
4. Sidsel Johansen (DEN) - Schianto - 74,085 Prozent
5. Lisbeth Seierskilde (DEN) - Jonstrupgärdens Raneur - 73,787 Prozent
8. Victoria Max-Theurer (AUT) - Eichendorff 10  -72,809 %

Ergebnis CDI4* Grand Prix Spécial

1. Charlotte Dujardin  (GBR) - Valegro -  88,022 Prozent
2. Anna Kasprzak (DEN) - Donnperignon - 79,844 Prozent
3. Anabel Balkenhol (GER) - Dablino - 78,244 Prozent
4. Isabell Werth (GER) - Don Johnson 14 - 76.578 Prozent
5. Monica Theodorescu (GBR) - Whisper 128 - 73,400 Prozent

Ergebnis CDI4* Grand Prix - Qualifikation für Grand Prix Spécial

1. Charlotte Dujardin  (GBR) - Valegro -  81,426 Prozent
2. Isabell Werth (GER) - Don Johnson 14 - 76,511 Prozent
3. Anabel Balkenhol (GER) - Dablino - 75,404 Prozent
4. Anna Kasprzak (DEN) - Donnperignon - 75,149 Prozent
5. Laura Bechtolsheimer (GBR) - Andretti H - 74,085 Prozent