Weltmeister 2022 und jetzt auch Weltcup-Finalsieger: Charlotte Fry (GBR) und Glamoudale © holcbecher.com
Werbung für den Dressursport war dieses Event jedoch leider nicht. Zu viele der 17 Finalisten schienen den Anforderungen einer Weltklasseprüfung in dieser Atmosphäre nicht gewachsen zu sein; enorme Leistungsunterschiede prägten das Teilnehmerfeld. Als negativer Höhepunkt ragte der Ritt von Adrienne Lyle auf Helix heraus. Ihr Fuchswallach wirkte mental völlig überfordert, doch die US-Amerikanerin wollte offenbar nicht einsehen, dass es nicht ihr Tag war. Auch die Richter setzten dem Trauerspiel kein Ende und läuteten die beiden nicht aus dem Viereck. Die Jurywertung in Höhe von 71,255 % quittierte das Publikum mit vereinzelten Buh-Rufen, denn die Zuschauer hätten deutlich weniger Punkte vergeben, wie das Spectator-Judging deutlich machte: Da kamen Lyle und Helix gerade mal auf 65 % – die Verkündung dieser Wertung sorgte für lautstarken Applaus in der Halle.
Von all dem unbeeindruckt präsentierte sich Charlotte Fry mit ihrem schwarzen Hengst Glamourdale. Der tat, was er sollte – ohne jedoch besonders zu glänzen. Großzügige 88,195 % gab es vom Richterkollegium für diesen Auftritt. Der Titel, der Fry bereits im Vorjahr in Riad fast sicher schien – damals wurde ihr Rappe Everdale wegen Blutes im Maul bereits vor dem Einreiten eliminiert – war damit endlich in trockenen Tüchern.
Isabell Werth konnte trotz all ihrer Routine nicht um den Sieg mitreiten – für Quantaz blieb nur der zweite Platz. „Klassenziel erreicht“, lautete ihr Kommentar bei der Pressekonferenz. Für Werth war es beim 26. Antritt in einem Weltcupfinale bereits die 16. Top-3-Platzierung.
Über den dritten Platz von Freese ließe sich vielleicht diskutieren, denn nicht wenige Zuschauer und Fachleute sahen Corentin Pottier und Gotilas du Feuillard – der französische Weltcupfinal-Debütant war zweifellos die Entdeckung des Wochenendes – vor ihr. Doch das waren letztlich nur „Peanuts“ im Vergleich zu den vielen durchwachsenen Ritten bei diesem Topevent. Daran konnten auch zusätzliche Experten auf dem Abreiteplatz nichts ändern. Den manchesmal berechtigten, aber oft unsachlichen Kritiken der „Dressurgegner“ in den sozialen Medien wird man auf diese Weise kaum den Wind aus den Segeln nehmen können.
Alle Ergebnisse im Detail gibt es hier.