Wir Schulpferde machen einen richtig tollen Job: Wir tragen Anfänger:innen durch ihre ersten Reitstunden, geben schüchternen Kindern Vertrauen, fordern die ehrgeizigen und mutigen Schüler:innen heraus und sind Meister im Menschenlesen. Wir lassen die Herzen der Kinder bei der wöchentlichen Reiteinheit höher schlagen und ermöglichen ihnen, stolz ihre ersten Prüfungen abzulegen. Obwohl wir von manchen Pferdemenschen bedauert werden, haben wir heutzutage doch meist ein sehr gutes Leben. Was wir dafür brauchen? Bitteschön:
Eine Bezugsperson
Wir sind jede Woche mit anderen Kindern und Jugendlichen konfrontiert. Damit wir uns sicher fühlen, benötigen wir einen oder zwei Menschen, auf die wir uns verlassen können und die uns genau kennen. Unsere Menschen kommunizieren immer auf die gleiche Art und zeigen uns, wie wir uns richtig verhalten sollen. Das gibt uns Pferden Sicherheit und beruhigt uns. Und sie merken gleich, falls etwas mit uns nicht stimmt, weil wir irgendwie komisch dreinschauen. Werden wir von zu vielen verschiedenen Trainer:innen und Therapeut:innen „benutzt“, fehlt uns ein sicherer Bezugspunkt.
Pausen
Es ist ganz schön herausfordernd, so viele verschiedene Kinder umherzutragen. Der eine rutscht in den Ecken fast aus dem Sattel, wenn man nicht auf ihn aufpasst. Die nächste gibt richtig Gas und möchte dauernd galoppieren. Da brauchen wir mindestens eine Stunde Pause dazwischen, um uns auszuruhen und unseren Kopf wieder freizubekommen. Auch in den Reitstunden hätten wir gerne mal eine Schrittpause am langen Zügel. Dann können wir nämlich unseren Hals nach unten dehnen und den Rücken entspannen. Im Übrigen bewegen wir uns gerne eine oder maximal zwei Stunden am Tag mit unseren Reitkindern. Das macht auf jeden Fall mehr Spaß, als den ganzen Tag fad rumzustehen.
Abwechslung
Würden Sie gerne jeden Tag im Kreis laufen? Sollten wir für Longestunden eingesetzt werden, möchten wir dazwischen auch in der Bahn unser Können zeigen. Und ständiges Dressurtraining finden wir irgendwann ebenfalls langweilig. Da tut ein wenig Stangenarbeit oder ein kleiner Galopp im Gelände richtig gut, um bei Laune zu bleiben. Wenn uns dazwischen die Chefin oder der Chef reitet, ist das zwar anstrengend, aber es bringt uns oft wieder in die richtige Spur. Sonst vergisst man ja, was man alles kann.
Guten Reitunterricht
Jawohl, Ihr habt schon richtig gelesen. Wir können nur gut und lange leben, wenn unsere Reiter:innen so angenehm und ausbalanciert wie möglich auf uns sitzen. Da sind die Reitlehrer:innen gefragt, dass sie richtig aufmerksam auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden schauen. Und auch einmal streng sind: Niemand darf ständig mit den Fersen in unseren Bauch knallen oder an unserem empfindlichen Maul herumzerren. Eine Gummischnur, die jede Stunde unseren Hals in die gewünschte Form zwingt, ist übrigens kein Ersatz für korrektes Reiten. Natürlich muss da manches Reiterlein länger üben, bis es frei reiten darf. Aber wir mussten ja ebenfalls lange trainieren, bis wir unseren Job antreten durften.
Freilauf
Buckeln ist wunderbar lustig und befreiend. Leider sehen das die Menschen auf unserem Rücken nicht so. Daher gehören wir Schulpferde hinaus auf die Koppel oder in den Offenstall. Dort können wir mit unseren Kumpels toben, wenn wir Lust darauf haben, und sind dann unter dem Sattel auch ganz gesittet – versprochen. Ach ja, eine Herde brauchen wir natürlich unbedingt, schließlich müssen wir uns bei einer gemütlichen Fellkraulerei über unsere Reitkinder austauschen.
Wellness
Gutes Futter, eine saubere Box und passendes Equipment sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Doch der richtige Beschlag oder die professionelle Barhufpflege, die Abschwitzdecke im Winter und die kalte Dusche im Sommer, der nette Chiropraktiker und die umsichtige Zahnfee machen unser Leben richtig fein.
In einen Stall, wo diese Bedingungen gegeben sind, könnt ihr gerne euer zu klein gewordenes Pony oder euer älteres Freizeitpferd unterbringen. Es wird ihm dort bis an sein Lebensende gutgehen.