Leseprobe

Am Sprung zum Erfolg

Ein Artikel von Margarete Donner | 03.10.2023 - 10:58
_M8A7156.jpg

Eine gehörige Portion Talent ist nur einer der Eckpfeiler, den es braucht, um ganz nach oben zu reiten. © holcbecher.com

"Ich bin mit Pferden großgeworden“, erzählt die junge Vielseitigkeits-Reiterin Leonie Sagner. „Meine ganze Familie reitet“, kommt es vom Kärntner Springtalent Julia Hantke. Auch ihre Kollegin im Parcours, Anna Plautz, ist mit Pferdeduft aufgewachsen: Von Kindesbeinen an begleitete sie ihren Vater Dr. Wolfgang Plautz auf Springturniere, um ihm dort die Daumen zu drücken. Kein Wunder, dass sie mit drei Jahren erstmals am Pony saß und sich inzwischen selbst äußerst souverän durch den Stangenwald bewegt.

Tatsächlich wurde fast allen Nachwuchstalenten im Pferdesport die Begeisterung für die Vierbeiner bereits in die Wiege gelegt. Dass auch jene erfolgreich durchstarten können, die nicht aus einer Reiterfamilie stammen, beweist Anna Lilly Geischläger aus Oberösterreich. Sie begann ihre reiterliche Laufbahn ganz klassisch in einer Reitschule, machte dort den Reiterpass und hatte dann als Elfjährige das Glück, von Vielseitigkeits-Trainer Harald Siegl unter die Fittiche genommen zu werden. Dessen Aufforderung „Du brauchst ein eigenes Pony!“ war der Startschuss für Anna Lillys Karriere, die sie 2021 mit einem Meistertitel in der Jugend- Klasse der Buschreiter krönte und nun im Dressurviereck fortsetzt.

Denn Talent ist nur einer der Eckpfeiler, um ganz nach oben zu reiten, zu fahren oder zu voltigieren. Mindestens ebenso wichtig sind gute Trainer:innen, die dieses Talent erkennen und entsprechend fördern, sowie die Bereitschaft der Eltern, viel Geld und Zeit in ihren pferdeverrückten Nachwuchs zu investieren.
 

Eltern an Bord

Wenn Anna Plautz mit ihren Pferden Cordanos V und Lino P in den Hänger steigt, hat sie zwei ständige Begleiter: Mutter Andrea und Vater Wolfgang sind stets mit dabei, sobald es Richtung Turnierplatz geht. „Falls es nicht nach Wunsch läuft, sprechen wir ihr Mut zu“, erzählt Andrea Plautz, und von Springreiter Wolfgang Plautz erhält die Tochter wertvolle Tipps für die Bewältigung des Parcours.

Doch nicht nur die moralische Unterstützung im stressigen Turniergeschehen fällt in den Zuständigkeitsbereich der Familie: Ohne schleppende, putzende, flechtende, fütternde Helfer: innen im Hintergrund wäre für die Kinder und Jugendlichen weder ein Turnierstart noch das regelmäßige Training oder die Haltung mehrerer Pferde vorstellbar. Selbst jenen Eltern, die zuvor über keinerlei Vorerfahrung mit wiehernden Vierbeinern verfügten, bleibt keine Wahl – sie werden im Laufe der Jahre zu Pferdeexpert:innen. Da muss schon mal der Vater herhalten und das ner vöse Pony festhalten, auch wenn er in seinem Vorleben nur mit Pferdestärken unter der Motorhaube zu tun hatte. Und die Mutter wickelt kurz vor dem Start noch schnell die Bandagen ab, während die Tochter bereits ins Turniersakko schlüpft.

OPTIONAL_Ochsenhofer by Lili Ochsenhofer (1).JPG

Eingespieltes Team am Turnier: Familie Ochsenhofer © Lilli Ochsenhofer

Dr. Jutta Lindau-Ochsenhofer bringt es auf den Punkt: „Jedes reitende Kind hat ein ganzes Team um sich.“ Als Mutter der jungen Dressurtalente Lilli und Oskar Ochsenhofer weiß sie wohl am besten, wovon sie spricht. Gemeinsam mit ihrem Mann begleitete sie beide Kinder von der Führzügelklasse bis zur Dressur- EM der Nachwuchsreiter. Neben der Turnierbegleitung – „die Sommerferien haben sich nach den Europameisterschaften gerichtet“ – stand für die aktive Reiterin regelmäßig das Trainieren der Pferde ihrer Kinder am Programm. Dass sie inzwischen fallweise nur noch zum Bodenpersonal gehört, weil sie nicht mehr in den Sattel aller Dressur- Cracks von Lilli und Oskar darf, nimmt sie nicht persönlich. Vielmehr freut sie sich, dass der sehr früh eingeschlagene Weg so erfolgreich verläuft. 
 

Ein Pferd für jeden Anlass

„Ich sage als Mutter, die Kinder wollen Pferde, mit denen sie eine Chance haben“, ist Jutta Lindau-Ochsenhofer überzeugt. Die Wahl der richtigen Ponys und Pferde trage entscheidend zur Motivation des Nachwuchses bei. Ihre Kinder hätten immer die für die jeweilige Entwicklungsstufe „passenden“ Vierbeiner gehabt, angefangen vom braven Pony für die lizenzfreie Klasse bis hin zu den Top-Dressurpferden für das große Viereck.

Ob nun immer die ruhigen Ponys die besten Lehrpferde sind, darüber scheiden sich die Geister. Sophie Marie Mündl, aufsteigender Stern in der Western-Szene, startete ihre Karriere mit Rudi, einem siebenjährigen Huzulen. Treten, beißen, runterbuckeln wären zu Beginn auf der Tagesordnung gestanden, so Mündl. Dennoch sieht sie Rudi rückblickend als „ihren besten Lehrmeister.“ Was andere möglicherweise zur Aufgabe bewegt hätte, war für die Jugend-Europameisterin im Reining genau die richtige Herausforderung. Womit wir wieder beim passenden Pferd wären: Welche tierischen Partner für die Karriere der Nachwuchssportler:innen nicht nur zumutbar, sondern auch förderlich sind, müssen Eltern und Trainer:innen mit viel Fingerspitzengefühl entscheiden.

Um geglückte – und damit erfolgreiche – Paarungen zu finden, sind weder allzu großer Ehrgeiz noch übertriebene Vorsicht gute Ratgeber. Manchmal führt sogar der Zufall die beste Regie: Leonie Sagner wollte bei der Suche nach einem Nachfolger für ihr Vielseitigkeits-Pony Leo De Libera nicht so recht fündig werden. Als die damals 14-Jährige schließlich den Wallach Space Jet von ihrer Trainerin Margit Appelt probierte, ahnte niemand, wie gut Sagner mit dem nicht einfachen Schimmel klarkommen würde. Die beiden wurden kongeniale Partner und holten sich gleich bei ihrem ersten VS-Turnier den Vizelandesmeistertitel.

Ob nun eher von der originellen oder der verlässlichen Sorte – in jedem Fall stellt das geeignete Pferd einen bedeutenden Kostenfaktor im Reit- und Fahrsport dar. Und damit nicht genug: Wer bereits mit einem Huf am internationalen Parkett steht, hat meist zwei oder mehr aktive Pferde im Stall und muss sich auch rechtzeitig um den vierbeinigen Nachwuchs kümmern. Insofern – da gibt es nichts schönzureden – ist für das sportliche Weiterkommen junger Talente ausschlaggebend, wie tief deren Eltern in die Tasche greifen können oder wollen.

Vor allem in der Dressur ließen sich die Gangqualität und der Gesamteindruck des Pferdes selbst mit noch so gutem Training nicht aufwiegen, weiß Referentin Diana Wünschek. Deshalb hätte man bereits in den Nachwuchsbewerben mit hochpreisigen Bewegungskünstlern einfach bessere Chancen.

Mehr lesen im Oktober

In welchen Pferdesportdisziplinen das Finanzielle weniger entscheidend ist und welche Voraussetzungen es noch braucht, um im Sport Fuß zu fassen, lesen Sie in der Oktoberausgabe der Pferderevue. Was Sie in diesem Heft außerdem erwartet, erfahren Sie hier.

Sie wollen die Pferderevue testen? Bestellen Sie hier Ihr Probeabo!