Der Beitrag, der am Dienstagabend auf RTL ausgestrahlt wurde, trifft die Deutsche Reiterliche Vereinigung nicht ganz unvorbereitet. Bereits im Juli 2020 war der Sender an die FN mit Fragen zum Barren herangetreten. In Gesprächen stellte sich dann heraus, dass RTL einschlägiges Videomaterial vorliegt, allerdings wurde zum damaligen Zeitpunkt nicht verraten, welchen Reiter es belastet. Seit Dienstag ist die Katze aus dem Sack. Die ausgestrahlten Szenen zeigen, wie ein nicht eindeutig zu erkennender Reiter - laut RTL ist es Ludger Beerbaum - sein Pferd beim Training von einem Helfer mit einer Holzstange an den Vorderbeinen berühren lässt. Für die Extra-Redaktion liefern die gezeigten Sequenzen einen eindeutigen Beweis, dass in Beerbaums Stall gebarrt wird.
Barren ist eine umstrittene Trainingsmethode, bei der dem Pferd über dem Sprung eine Stange an die Beine geschlagen wird. So soll es lernen, Hindernisse höher einzuschätzen, als sie eigentlich sind und künftig vorsichtiger und höher springen. In Deutschland ist diese Technik seit der Barr-Affäre rund um Ex-Springreiter Paul Schockemöhle vor rund 30 Jahren verboten. Was hingegen erlaubt ist, ist das sogenannte Touchieren. Auch hier wird das Pferd beim Überspringen des Hindernisses mit einer Stange an den Beinen berührt. Gemäß den Richtlinien für Reiten und Fahren darf die dabei verwendete Stange allerdings nicht länger als drei Meter und nicht schwerer als zwei Kilogramm sein. Laut RTL sollen in Beerbaums Stall jedoch Kanthölzer aus Hartholz zur Anwendung gekommen sein. Außerdem zeigen Videoaufnahmen einer RTL-Mitarbeiterin, die als Marketing-Praktikantin getarnt in den Beerbaum Stables selbst recherchiert hat, eine mit Plastikstacheln überzogene Springstange, die sie angeblich auf der Anlage des deutschen Reit-Stars entdeckt hat. Pferdegerecht sieht zweifelsohne anders aus.
Von derartigen Methoden distanziert sich die FN in einer Stellungnahme, die sie noch in der Nacht auf Mittwoch auf ihrer Webseite veröffentlichte, freilich ganz klar. „Bereits jetzt, unabhängig von dem gezeigten Beitrag, können wir klar sagen, dass der Gebrauch von Vierkantstangen sowie genopptem oder gestacheltem Stangenmaterial inakzeptabel ist und nicht im Einklang steht mit den Grundsätzen des fairen Pferdesports“, betont FN-Generalsekretär Sönke Lauterbach. Man nehme die Vorwürfe sehr ernst. Aus diesem Grund werde man das ausgestrahlte Filmmaterial sorgfältig analysieren und anschließend entsprechende Schlüsse zum weiteren Vorgehen ziehen. Allerdings bedürfe es für eine seriöse Beurteilung des Sachverhaltes einer Sichtung des gesamten Video- und Beweismaterials, so Lauterbach. Die Herausgabe des vorliegenden Materials hatte die FN in den vergangenen Jahren bereits mehrfach von RTL gefordert, bislang jedoch ohne Erfolg.
Im Mai 2021 hatte die FN aus diesem Grund Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Man hoffte, dass sich die Behörden im Zuge ihrer Ermittlungen das Videomaterial verschaffen und aufklären, ob tatsächlich das Tierschutzgesetz verletzt wurde. Einen Verstoß konnte die Staatsanwaltschaft Münster offenbar nicht feststellen. Im November 2021 wurde die FN darüber informiert, dass die Ermittlungen gegen Unbekannt eingestellt wurden. Möglich, dass die Angelegenheit mit der Veröffentlichung des RTL-Beitrages neu aufgerollt wird.
Das Teaser-Video zum RTL Extra-Beitrag kann man hier ansehen.
Eine Stellungnahme von Ludger Beerbaum zu den Vorwürfen lesen Sie hier.