Pferden droht die Disqualifikation, wenn ihre Jockeys im Rennen unerlaubt oft zur Peitsche greifen, zudem darf das umstrittene Hilfsmittel künftig nur noch im Rückhandgriff angewendet werden: diese und weitere Verschärfungen rund um den Peitschengebrauch verkündete die British Horseracing Authority (BHA) in einer Presseaussendung am Dienstag.
20 Empfehlungen für verbessertes Tierwohl
Der Bericht einer eigens formierten Arbeitsgruppe, der Whip Consultation Steering Group (WCSG), bestehend aus Jockeys, Trainern, Besitzern und Tierschützern, umfasst eine Reihe von Empfehlungen, die den Einsatz der Peitsche im Galopprennsport betreffen. 20 dieser Empfehlungen veröffentlichte die BHA am Dienstag im Zuge einer Presseaussendung. Sie enthalten unter anderem die Forderung nach strengeren Strafen auch für geringfügige Regelmissachtungen sowie eine Verdoppelung der derzeitigen Strafen bei Verstößen im Zuge besonders hochkarätiger Veranstaltungen.
Wozu sich die Arbeitsgruppe nicht durchringen konnte ist die Empfehlung, auf den Einsatz der Peitsche gänzlich zu verzichten. Dies liegt wohl auch daran, dass diese Forderung vornehmlich in den Reihen der Tierschützer geäußert wurde, innerhalb der Rennsportgemeinde aber kaum Unterstützung findet.
Ultimative Abschreckung
Mit in Kraft treten der am Dienstag veröffentlichen Regeln wäre Großbritannien die erste große Rennnation, die die Disqualifikation als ultimative Strafe für einen Verstoß gegen die Peitschenregeln einführt. Laut Empfehlung der WCSG soll dies immer dann der Fall sein, wenn ein Jockey viermal häufiger zuschlägt, als es laut aktuellem Reglement zulässig ist. Bei Flachrennen liegt die Zahl der maximal erlaubten Peitschenhiebe bei sieben, in Hindernisrennen bei acht. An diesen Obergrenzen will man weiter festhalten. „Diese Regel verfolgt das Ziel, dass sie nur selten zur Anwendung gebracht und exekutiert werden muss“, sagte der Leiter der Arbeitsgruppe, David Jones. Im Rennsportzirkus sei es eine weit verbreitete Ansicht, dass Regelverstöße bei einer möglichen Disqualifikation nicht mehr stattfinden würden. Nun ist die Hoffnung groß, dass sich diese Annahme in der Praxis auch bewahrheitet. Vor allem Fälle, in denen Jockeys die Peitsche exzessiv einsetzen, sollen damit der Vergangenheit angehören.
Sanfter einwirken mit der Rückhand
Eine erhebliche Veränderung bringt eine andere Regel mit sich, die unter den Jockey wohl noch für viel Diskussionsstoff sorgen wird. Künftig darf die Peitsche bei Rennen auf der britischen Insel nur noch aus dem Rückhandgriff heraus eingesetzt werden. Dieser ähnelt der Führung, wie sie aus dem Dressur- oder Springsport bekannt ist. Beim Vorhandgriff wird die Peitsche wie ein Schlagstock gefasst. Das wird künftig nicht mehr erlaubt sein. „Die Peitsche im Rückhandgriff zu verwenden, wird für viele Jockeys eine erhebliche Umstellung bedeuten, die Strafen, die bei Verstößen drohen, sind sicherlich streng. Aber ich denke, dass sie den gewünschte Effekt der Abschreckung nicht verfehlen werden“, wird Tom Scudamore, einer der führenden britischen Jockeys und selbst Mitglied der Arbeitsgruppe, zitiert. Im Rückhandgriff kann die Peitsche nicht so vehement und nur noch an bestimmten Stellen eingesetzt werden. „Das Ergebnis wird ein sichtbar verbessertes Rennen sein, wobei die wichtigen Vorteile der Peitsche weiterhin erhalten bleiben: dass man ein Pferd am Ende des Rennens oder beim Springen über Hindernisse noch einmal besser fokussieren kann – letztlich ist das auch genau der Zweck, für den die gepolsterte ProCush-Peitsche bestimmt ist.“
Maßnahmen gehen nicht weit genug
Für Roly Owers, Generalsekretär der ebenfalls an der Arbeitsgruppe beteiligten Pferdeschutzorganisation World Horse Welfare, sind die nun veröffentlichten Maßnahmen nur ein Teilerfolg. „Die Arbeit hat viel Gutes gebracht, etwa den Fokus auf die Ausbildung und härtere Strafen für Verstöße gegen die Regeln bis hin zur Disqualifikation. Auch die Einrichtung des unabhängigen Stewards-Ausschusses, von dem die BHA hofft, dass er Verstöße gegen die Regeln konsequenter erkennen und ahnden wird, ist ein ermutigendes Signal“, so Owers. Gleichzeitig sei eine wichtige Chance ungenutzt verstrichen. Die Empfehlung zur Verwendung der Peitsche ausschließlich im Rückhandgriff sieht man zwar als Schritt in die richtige Richtung, er gehe jedoch nicht weit genug. „Sowohl aus Gründen des Tierschutzes als auch aus ethischen Gründen wollen wir eine Abkehr von der Verwendung der Peitsche im Pferderennsport sehen. Wir glauben einfach nicht, dass ihr Einsatz gerechtfertigt ist, insbesondere angesichts dessen, was wir heute darüber wissen, was eine gute Pferd-Mensch-Partnerschaft ausmacht.“
Pferderennen könnten, wie alle anderen Pferdesportarten auch, nur dann auch in Zukunft stattfinden, wenn der Sport die Unterstützung der Öffentlichkeit aufrechterhält. Der Umgang mit der Peitsche wird dabei wohl auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.