Wir sind nie allein. Auf unserer Haut, in unserem Verdauungssystem und auf unseren Schleimhäuten tummeln sich Billionen von Einzellern, die meisten davon harmlos, einige sogar nützlich beziehungsweise lebensnotwendig, manche gefährlich bis todbringend. Eine große Gruppe dieser Mitbewohner sind die Streptokokken, grampositive Bakterien, die in der Natur weit verbreitet sind. Zu diesen zählen auch die Erreger der Druse: Streptococcus equi subspecies equi.
Die Druse wurde erstmals im 13. Jahrhundert vom Hufschmied Kaiser Friedrichs II von Italien detailliert beschrieben und kommt auf der ganzen Welt vor. Die Infektion erfolgt hauptsächlich bei Pferden, die zwischen einem und fünf Jahren alt sind und ist damit eine typische Jungpferdeerkrankung. Fohlen von Stuten, die eine Immunität gegen die Druse aufgebaut haben, sind bis zu einem Alter von drei Monaten ebenfalls resistent gegen die Erkrankung, Fohleninfektionen treten daher erst nach dem Absetzen auf.
Die Morbidität, das heißt die Krankheitshäufigkeit, bezogen auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, liegt bei der Druse speziell in Populationen mit jungen Pferden bei nahezu 100 Prozent. Stresssituationen, virale Infektionen, Parasitenbefall, schlechte Haltungs- und Fütterungsbedingungen sowie eine große Populationsdichte und häufige Pferdetransfers führen zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko. Die Sterberate ist mit zehn Prozent allerdings sehr gering. Nach einer Infektion ist der Großteil der Pferde (ca. 75 Prozent) für mehr als fünf Jahre immun gegen die Erkrankung. Bei 25 Prozent kommt es jedoch zu Reinfektionen, die oft schon nach wenigen Monaten auftreten. Ein Grund dafür könnte sein, dass die betroffenen Tiere nicht fähig sind, ausreichend Antikörper gegen die Bakterien zu produzieren oder zu erhalten. Ein elebenslange Immunität – wie man häufig hört – besteht jedoch in keinem Fall.
Klinische Anzeichen und Verlauf
Die Inkubationszeit der Druse beträgt zwei bis sechs Tage. Die meisten Pferde entwickeln hohes Fieber (oft mehr als 40 Grad Celsius), zeigen ein schlechtes Allgemeinbefinden und entwickeln einen schleimig-eitrigen Nasenausfluss. Husten kann, muss aber nicht vorhanden sein. Die Augen- und Nasenschleimhaut ist gerötet, und in machen Fällen kommt es auch zu einem schleimig-eitrigen Augenausfluss, der durch eine häufig mit der Druse assoziierte Bindehautentzündung hervorgerufen wird.
Typisch ist auch eine massive Schwellung der regionalen Lymphknoten (Mandibular- und Retropharyngeallymphknoten). Diese sind zunächst fest, werden aber nach sieben bis zehn Tagen weich und brechen auf. Zähcremiger gelber Eiter entleert sich. Die Retropharyngeallymphknoten können in die Luftsäcke aufbrechen und dann zu Schluckbeschwerden, Eiteransammlung (Luftsackempyem) und letztendlich sogar zur Ausbildung von Luftsacksteinen führen (eingetrockneter Eiter, der sich zu steinartigen Gebilden formiert). Ein Luftsackempyem kann durch Druck auf benachbarte Nerven zu einer Lähmung des Gesichtsnerven oder des Sympathikus führen.
Klinische Anzeichen und Verlauf
Die Lymphknotenschwellung kann symmetrisch oder asymmetrisch auftreten und ein solches Ausmaß annehmen, dass es neben Schluck- auch zu Atembeschwerden kommt. Schluckbeschwerden äußern sich dadurch, dass sich Speichel und Futter – ähnlich wie bei einer Schlundverstopfung – über die Nüstern entleeren. Oft ist die Atemnot so groß, dass ein Luftröhrenschnitt vorgenommen werden muss. In manchen Fällen nimmt die Umfangsvermehrung und die Entzündung der Lymphknoten ein derartiges Ausmaß an, dass die Nerven des Kehlkopfes in Mitleidenschaft gezogen werden (temporäre Lähmungserscheinungen der Kehlkopfmuskulatur, „Kehlkopfpfeifen“). Röchelnde Atemgeräusche treten ebenfalls nicht selten auf. Der Ganaschenbereich der betroffenen Tiere ist hochgradig geschwollen, die Pferde stehen mit gestreckter Kopf-Halshaltung.
Die Symptome halten typischerweise etwa drei Wochen an. Die Ausheilung der Abszesshöhlen verläuft zumeist komplikationslos. Das Fieber hält an, solange die Lymphknotenentzündung vorhanden ist und die Abszesse reifen. Mit der Abszesseröffnung sinkt das Fieber rasch ab, und das Allgemeinbefinden der Pferde verbessert sich. Anschließend kommt es zu einer raschen, vollständigen Genesung.
In atypischen Fällen kommt es nur zu leichtgradigem Nasenausfluss, Husten und Fieber. Heilen diese Fällen spontan, ohne Behandlung aus, spricht man von leichter Druse. Unter kalter Druse wird eine milde Form der Erkrankung verstanden, die durch schwachen Nasenausfluss, Fieberfreiheit und eine geringgradige Vergrößerung der Lymphknoten gekennzeichnet ist. Diese Form sieht man häufig bei älteren Pferden, die durch einen früheren Erregerkontakt eine gewisse Immunität erworben haben. Sie kann aber auch Folge einer fehlerhaften antibiotischen Therapie sein (zu kurze Anwendungsdauer, falscher Anwendungszeitpunkt, falsche Dosierung). Betroffene Pferde schleppen die Erkrankung häufig in Bestände ein.
Bei jungen Pferden und Eseln kann es im Rahmen von S.-equi-Infektionen auch zu Nabelentzündungen, Hirnhautentzündungen und schweren Blutvergiftungen kommen. Bei Stuten sind außerdem noch Euterentzündungen und Genitalinfektionen beschrieben.
In den meisten Fällen werden vier bis sechs Wochen nach Abklingen der Symptome keine Bakterien mehr ausgeschieden. Zehn Prozent der betroffenen Pferde können aber die Keime entweder ständig oder intermittierend für viele weitere Wochen ausscheiden.
So verhalten Sie sich richtig bei einem Druse-Ausbruch
- Alle stallzugehörigen Personen (das umfasst auch Hufschmiede, Tierärzte, Reitschüler etc.) sollten umgehend vom Ausbruch der Krankheit informiert werden.
- Sämtliche Bewegungen von Pferden vom Hof und zum Hof sollten gestoppt werden.
- Symptomlose Träger und Pferde mit Symptomen sollten wöchentlich bakteriologisch und mittels PCR untersucht werden.
- Pferde, bei denen der Erreger nicht mehr nachgewiesen werden konnte, sollten von den infektiösen Pferden getrennt werden. Boxen, Gänge, Wassertröge und das gesamte Equipement sollte täglich desinfiziert werden.
- Sobald die klinischen Anzeichen abgeklungen sind, sollten alle betroffenen Pferde mindestens dreimal hintereinander auf Erregerfreiheit untersucht werden. Eine Luftsackendoskopie ist ebenfalls empfehlenswert.
- Der Stallmist von infektiösen Pferden sollte isoliert kompostiert werden. Die Koppeln, auf denen sich infizierte Pferde aufgehalten haben, sollten vier Wochen nicht benutzt werden.
Therapie
Über die richtige Drusetherapie gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Ansichten, speziell was den Einsatz von Antibiotika betrifft. Dieser ist abhängig vom Fortschritt der Krankheit. Befindet sich die Druse noch im Anfangsstadium kann Penicillin verabreicht werden. Ist es bereits zu einer Abszessbildung gekommen, sollte nur noch unterstützend mit Entzündungshemmern und lokaler Therapie gearbeitet werden. Bei einem schweren Krankheitsverlauf mit Atemnot, Schluckbeschwerden und Lungenbeteiligung sollten neben Infusionen, Entzündungshemmern und lokalen Therapiemaßnahmen mehrere unterschiedliche Antibiotika hochdosiert über lange Zeit zum Einsatz kommen.
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Komplikationen und Langzeitfolgen
Zu Komplikationen kommt es im Rahmen einer Infektion mit S. equi in etwa 20 Prozent der Fälle. Dazu gehören:
Drusemetastasen
S. equi ist in der Lage, sich im gesamten Körper des Pferdes auszubreiten und in den unterschiedlichsten Organsystemen eitrige Entzündungen und Abszesse hervorzurufen. Früher wurde angenommen, dass es durch den Einsatz von Antibiotika zu einer Streuung kommen kann. Diese These konnte aber wissenschaftlich nicht bestätigt werden. Bei einer Streuung in die Lymphknoten des Bauchraumes zeigen betroffene Pferde intermittierende Koliken, Fieber, Appetitlosigkeit, Abmagerung und ein verschlechtertes Allgemeinbefinden. Selbst nach einer Langzeittherapie mit Antibiotikakombinationen ist die Überlebensrate bei Drusemetastasen gering. Abszesse der Lymphknoten im Brustkorb können zu schweren Beeinträchtigungen der Luftröhre, zu schwerer Atemnot bis hin zum Ersticken führen. Brechen Lymphknotenabszesse im Brustkorb oder im Bauchraum auf, führt dies zu schweren eitrigen Bauchfell- und Brustfellentzündungen. Eine Verschleppung des Erregers in die Gehirn-/Rückenmarksflüssigkeit kann zu eitrigen Hirnhautentzündungen führen. Druseabszesse können auch in der Leber, der Milz und in den Nieren vorkommen. In seltenen Fällen können Metastasen auch in die Augen, in Sehnenscheiden und Gelenke streuen. Befinden sich Druseabszesse im Gehirn, kommt es zu neurologischen Ausfallserscheinungen wie Im-Kreis-Laufen, Blindheit und Appetitlosigkeit.
Immunvermittelte Gefäßentzündung (Petechialfieber)
Es handelt sich hierbei um eine schwerwiegende Komplikation der Druse, die vorrangig bei erwachsenen Pferde auftritt, die gegen Druse geimpft wurden oder die bereits mit der Druse in Kontakt waren. Die Gefäßentzündung führt zu stechnadelkopfgroßen Blutungen (Petechien) in den Schleimhäuten sowie zu einer Wasseransammlung in der Unterhaut (Ödeme) von Kopf, Gliedmaßen und Rumpf. Die Gefäßentzündung kann auch den Verdauungstrakt, die Lunge und die Muskulatur betreffen und dann zu Kolik, Atembeschwerden und Muskelschmerzen führen. Die Pferde zeigen ein steifes Gangbild und Schwellungen der Skelettmuskulatur. Außerdem kann es durch die Ablagerung von Immunkomplexen in den Blutgefäßen der Nieren zu einer Schädigung der Nieren kommen.
Impfen sinnvoll?
Eine aktive Immunisierung von Pferden gegen Druse wird beinahe seit einem Jahrhundert angestrebt, und es sind einige Impfstoffe kommerziell erhältlich. Die Ergebnisse der Impfungen waren aber bislang eher unbefriedigend. Neben lästigen und zum Teil sogar lebensbedrohlichen Nebenwirkungen ist auch kein ausreichender Schutz gegeben. Die beste Prävention bei der Druse ist immer noch die Vorsicht. Eine Separation und gute Beobachtung von Neuzugängen im Zeitraum von vier Wochen ist in jedem Fall empfehlenswert.
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